Beschlüsse des 32. Landesparteitages
Hier stellen wir sukzessive alle beschlossenen Papiere ein.
Seit Mitte Januar sind bundesweit über eine Million Menschen innerhalb kürzester Zeit auf die Straße gegangen, um „Laut gegen Rechts“ zu demonstrieren. In Bremen waren es mindestens 50.000. Anlass waren die Enthüllungen des Recherche-Zentrums correctiv zum Rechtsextremisten-Treffen im November 2023 in der Villa Adlon. Mitglieder von AfD, Werteunion, CDU und Identitären diskutierten auf diesem Treffen über einen „Masterplan zur Remigration“, wie Asylsuchende, Ausländer*innen mit Aufenthaltstitel und deutsche Staatsbürger*innen mit Migrationsbiographie aus Deutschland vertrieben werden sollen.
Die Recherchen haben die faschistischen und antidemokratischen Bestrebungen der extremen Rechten und vor allem ihre äußerst gute Vernetzung in Kreise der AfD, CDU und reicher Unternehmer offengelegt. Nur wenige Kilometer vom Ort der Wannseekonferenz 1942 entfernt, wirft das Treffen ein Schlaglicht darauf, welche Pläne mit dem weiteren Erstarken der AfD verbunden und verfolgt werden. Damit stellt sich auch die Frage, ob ein Verbotsverfahren gegen die AfD eingeleitet werden soll, mit neuer Dringlichkeit.
Die Demonstrationen gegen Rechts in den Wochen seither markieren eine Zäsur. Mit einer enormen Breite und mehr oder weniger spontan haben Hunderttausende deutlich gemacht, dass sie die Rechtsverschiebung des gesellschaftlichen Klimas und den Aufstieg der AfD nicht hinnehmen, dass sie die Straße und den öffentlichen Diskurs zurückfordern.
Der Rechtsruck, den wir in Deutschland seit 2015 und ganz verstärkt seit der Bundestagswahl 2021 erleben, geht nicht alleine auf das Konto der extremen Rechten. Rechte Rhetorik und rechte Programmatik zu den Themen Migration, Diversität, Sozialleistungen, der Aufruf zu einem Kulturkampf gegen fortschrittliche Veränderungen und offene Gesellschaft: All das ist längst Bestandteil der Agitation der CDU geworden und reicht bis in die Ampelkoalition hinein. Dass es die AfD nur stärker macht, weil man ihr letztlich beipflichtet, ist inzwischen unübersehbar und wird bewusst in Kauf genommen.
Im Faschismus ist niemand sicher. Beim Spiel mit der Ausgrenzung kann jeder der nächste sein. Die Demonstrationen gegen Rechts machen auch den langjährigen Versuchen einen Strich durch die Rechnung, sich Anerkennung bei der vermeintlichen „Mehrheitsgesellschaft“ zu erkaufen, indem man diejenigen ausgrenzt und angreift, die ohnehin schon marginalisiert sind: Geflüchtete, Erwerbslose, junge Klima-Aktivist*innen, Menschen mit nicht-traditioneller Geschlechtsidentität, Menschen mit Behinderungen Obdachlose, Drogenabhängige. Die Proteste senden dagegen ein starkes Zeichen: „Wir“ sind alle – wir stehen solidarisch zusammen und wollen keine Politik auf Kosten derer, die bereits benachteiligt, ausgegrenzt, attackiert werden!
Die Politik der Entsolidarisierung und der sozialen Härten schafft dabei immer wieder erneut ihre eigenen politischen Voraussetzungen: Unsicherheit und Delegitimierung. Wir erleben seit Jahren eine wachsende Vertrauenskrise gegenüber dem demokratischen System, dem Sozialstaat und der wirtschaftlichen Entwicklung.
Die Grundüberzeugung, dass die Gesellschaft Entscheidungen fällen kann, die für alle die Zukunft sichern und letztlich auch für alle Einzelnen eine sozial und wirtschaftlich sichere Perspektive bieten, ist dramatisch im Schwinden. Stattdessen haben Scheinlösungen und Entsolidarisierung Hochkonjunktur in der gesellschaftlichen Debatte. Rechtspopulistische Agitation, allgemeine Krisenerfahrung, eine durch die langen Jahre des Neoliberalismus geschwächte öffentliche Handlungsfähigkeit, akute Fehler der Bundesregierung und das opportunistische Agieren der Unions-Opposition wirken dabei in fataler Weise zusammen.
Was wir anstatt dessen fordern: Eine Politik, die gespeist ist aus einer solidarischen und gerechten, also einer sozialistischen Vision für die Zukunft der Gesellschaft. Das bedeutet, die Demokratie und die Menschenrechte, sowie die sozialen Rechte aller Mitglieder der Gesellschaft zu verteidigen. Das bedeutet auch, konkrete Politik zu machen, die die Situation der Menschen verbessert und die Weichen dafür stellt, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Einzig eine seriöse Politik, die die Probleme der Menschen ernst nimmt, aber gleichzeitig nicht populistischen Forderungen verfällt, hat die Chance den Rechten etwas entgegenzusetzen.
Die Politik der Bundesregierung und der sie tragenden Ampel-Koalition wird der Anforderung nicht gerecht, Krise und Transformation gerecht und solidarisch zu bewältigen. Sie produziert soziale Spaltung, aber auch große Unsicherheit. Die Ampel gibt keine Antwort auf die Frage, wie ein zukünftiges Wohlstandsmodell aussehen soll und wie der Weg dahin sozial gerecht gestaltet wird. Soziale Sicherheit und starke Zukunftsinvestitionen müssten die Eckpunkte für einen neuen sozialen Gesellschaftsvertrag sein, die sich in verlässlichen Leitlinien niederschlagen, was in der Veränderung gelten soll – und woran die Regierung sich
hält.
Wir treten für die folgenden Leitlinien ein:
- Die untere Einkommenshälfte von den Kosten der Transformation freistellen
Die klimapolitische Transformation vollzieht sich auch über steigende Preise und private Investitionskosten. Es muss klar sein, dass das nicht zu einer verstärkten sozialen Spaltung führen darf. Daher muss gelten: Die untere Einkommenshälfte muss von den Kosten der Transformation konsequent freigestellt sein, darüber muss gestaffelt werden. Dazu gehört eine soziale Preisgestaltung im Einzelnen, ausreichende Förderprogramme und ein genereller Ausgleich über das Klimageld. Ein wichtiger Baustein sind günstige oder kostenfreie öffentliche Leistungen für alle. Wir setzen uns im Bundesland weiter dafür ein, dass das Stadtticket ausgeweitet wird, dass der ÖPNV bezahlbar bleibt und perspektivisch ticketfrei funktioniert, dass das Stadtticket ausgeweitet wird, dass Bildung kostenfrei ist und dass Gebühren maßvoll bleiben. Wir setzen uns für einen barrierefreien und rollstuhlgerechten ÖPNV ein.
- Lohn muss zum Leben reichen – für alle Familienformen
Alle Berechnungen zeigen klar: Mit einem Vollzeiteinkommen zum Mindestlohn stehen sich selbst ungünstige Familienkonstellationen besser als mit Bürgergeld. Das gilt allerdings nur in Verbindung mit Familienzuschlag und Wohngeld. Diese Transferzahlungen ersetzen die früheren „Familienlohn“-Bestandteile in den Lohntarifen und müssen ein angemessenes Einkommen für unterschiedliche Familienformen gewährleisten.
Dann müssen sie aber auch so behandelt werden. Wir sprechen uns dafür aus, das Wohngeld genau wie das Kindergeld mit dem Lohn auszuzahlen und die Verfahren entsprechend zu vereinfachen. Die Kindergrundsicherung muss sich an den realen Bedarfen orientieren und darf nicht zum Spielball von Haushaltskürzungen werden. Der Mindestlohn muss auf 15 Euro steigen.
Im Bundesland setzen wir uns dafür ein, dass die quartiersnahen Beratungs- und Informationsangebote ausgebaut werden und insbesondere Wohngeld zeitnah ausgezahlt wird. Auch über den neuen Mietspiegel und die damit verbundenen Rechte für Mieter*innen soll breit informiert werden.
- Qualifikation darf kein Luxus sein
Wenn Weiterqualifikation und lebenslanges Lernen zentrale Elemente der Transformation sind, dann dürfen auch sie nicht zur Verstärkung der sozialen Spaltung führen. Qualifikation darf nicht zu Einkommenseinbußen führen, sondern muss sich lohnen. Die Streichung des Qualifizierungsbonus beim Bürgergeld ist sozial und strategisch falsch, genauso die geplante Nullrunde beim BAföG. Unbezahlte oder prekär bezahlte Ausbildungen müssen der Vergangenheit angehören. Berufsbegleitende Qualifizierung erfordert einen angemessenen Ausgleich für reduzierte Arbeitszeit.
Im Bundesland setzen wir uns für den weiteren Ausbau bezahlter Ausbildungen wie der praxisintegrierten Erzieher*innen-Ausbildung (PiA) ein, für den Erhalt der Ausbildungsaufstiegsförderungen und für eine Transitionsgesellschaft, die Umqualifizierung in kritischen Branchen frühzeitig fördert.
- Infrastruktur braucht Mindeststandards
Das Prinzip der gleichwertigen Lebensumstände steht massiv unter Druck. Die sozialräumliche Spaltung nimmt zwischen den Regionen zu, aber auch innerhalb der Städte. Für die Lebensqualität wesentliche Infrastrukturen (ÖPNV, moderner Wohnraum, Schulen, Gesundheitsversorgung) stehen häufig nur noch unzureichend zur Verfügung. Das Infrastruktur-Niveau wird von mehreren Faktoren gesteuert: Der räumlichen Verteilung von Wertschöpfung und Arbeitsproduktivität, aber auch von Mobilität und Digitalisierung, sowie von Umverteilung zwischen Regionen und zwischen sozialen Gruppen.
Wir kritisieren daher scharf, dass die Bundesregierung plant, ihre Anteile an den verschiedenen Regionalisierungsmitteln (Wirtschaftsförderung, ÖPNV, Städtebauförderung …) zu senken, und generell keine Klarheit über die mittelfristige Finanzierung wesentlicher Instrumente schafft (Deutschlandticket, IPCEI-Förderung usw.) Notwendig sind stattdessen Mindeststandards für Infrastruktur, die überall gelten müssen.
Für solche Standards setzen wir uns auch im Bundesland auf sozialräumlicher Ebene ein. Das gilt etwa für die Verteilung von Sozialwohnungen und kommunalem Wohnraum auf die Stadtteile, für ÖPNV-Garantien, für den Aufbau von Gesundheitszentren und für die Schulstandortplanung.
- Zuwanderung muss gut ausgestaltet sein
Menschen aufzunehmen, die verfolgt oder in Not sind, ist eine moralische und rechtliche Pflicht. Ebenso richtig ist: Ohne Zuwanderung gibt es kein Wachstum und keine Wohlstandssicherung. Ohne die Auslandszuwanderung der letzten 10 Jahre hätte Deutschland heute statt 84 Mio. nur 78 Mio. Einwohner*innen – 2 Mio. weniger als bei der Wiedervereinigung 1990; mit allen Folgen für Fachkräftesicherung, Rentenkassen und Infrastruktur. Entwickelte Industriestaaten ohne Zuwanderung schrumpfen: Bei Geburtenraten von 1,5 muss jede*r vierte zukünftige Bürger*in im Ausland geboren werden.
Zuwanderung ist eine Zukunftsinvestition. Sie gut auszugestalten, kostet Geld, das sich später auszahlt. Wir fordern die vollständige Übernahme der Unterbringungs- und Betreuungskosten durch den Bund in den ersten 2 Jahren und den Ausbau aller Programme, die neu Zugewanderten helfen, im Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft anzukommen.
Im Bundesland setzen wir uns weiterhin für den Abbau von Massenunterkünften ein, für mehr kommunalen Wohnungsbau für alle, für die schnellere Anerkennung von Abschlüssen, für Programme die sofortige Erwerbsarbeit mit paralleler Qualifikation verbinden, und eine offene, diskriminierungsfreie Stadtgesellschaften.
- Bildung muss Schritt halten
Der Maßstab eines Bildungssystems sind die Kinder und Jugendlichen, die da sind – sich andere zu wünschen, ist die falsche Haltung. Die aktuell größte Herausforderung ist die, das Bildungssystem für alle zugänglich zu machen, zuwanderungsfest und sozial gerecht auszugestalten. Bildungserfolg muss auch ohne häusliche Bildungsressourcen umsetzbar sein. Dazu gehört auch, allen Kindern einen sicheren Kita-Platz anzubieten. Solange die Norm Schüler*innen sind, die vom Tag eins an perfekt deutsch sprechen und deren Familien sich im Bildungssystem gut auskennen, und solange der Einstieg ins (frühkindliche) Bildungssystem zu völlig unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgt, wird sich der Trend einer immer stärkeren Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft nicht umkehren lassen, sondern die soziale Spaltung vorangetrieben werden. Wir stehen zum inklusiven Bildungssystem, das Menschen mit Behinderungen nicht ausgrenzt. All das wird nicht möglich sein ohne stärkere finanzielle Anstrengungen, mehr Personal und mehr Ausbildungskapazitäten.
Die Beteiligung des Bundes an den Bildungskosten für Kitas und Schulen muss gesteigert werden, und sie muss die unterschiedlichen regionalen Herausforderungen durch die verschiedenen Risikofaktoren widerspiegeln. Im Bundesland setzen wir uns für die stärkere Berücksichtigung der Sozialindikatoren bei der Ressourcenverteilung ein. Bei den im Koalitionsvertrag angelegten Formaten zum Thema Weiterentwicklung legen wir besonderes Gewicht auf die Aspekte „zuwanderungsfestes Bildungssystem“ und „voraussetzungsfreies Bildungssystem“.
- Arbeiten muss sich ändern
Was für die Schulen gilt, gilt auch für die Betriebe: Sie müssen sich an den Arbeitnehmer*innen von heute orientieren. Wer veränderte Ansprüche und Haltungen nicht aufgreift, wird perspektivisch keine Arbeitskräfte mehr finden. Dabei treten immer stärker Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung, nach Verlässlichkeit und Vereinbarkeit, nach einer anerkennenden und diskriminierungsfreien Betriebskultur und nach mehr Mitgestaltung in den Mittelpunkt.
Wir unterstützen ausdrücklich Arbeitskämpfe, die solche Forderungen zum Ziel haben. Sie sind modern und gesellschaftlich relevant, weil sie dem veränderten Verhältnis von Produktivität, Gesellschaft und Arbeitskultur Rechnung tragen. Das A und O dieser Veränderungen ist die Tarifbindung. Wir werden uns in dieser Legislaturperiode weiter in Bund und Land dafür einsetzen, öffentliches Geld und öffentliche Aufträge konsequent an Tarifbindung zu koppeln und die Möglichkeiten der Allgemeinverbindlichkeitserklärung zu erweitern.
Demokratie & Mitbestimmung im Betrieb sind grundlegend für unser demokratisches Miteinander und ein starkes Werkzeug gegen den Rechtsruck. Deshalb setzen wir uns im Bund für eine grundlegende Reform des Betriebsverfassungsgesetzes ein. Auch wollen wir es zu einem politischen Ziel machen, dass möglichst viele Beschäftigte in Bremen durch Betriebsräte vertreten werden und sich dort engagieren können.
Auch darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, dass Gewerkschaften, Betriebsräte und Arbeitnehmerkammer eine starke Rolle in der Gestaltung von Transformationsprozessen und in der Debatte um die Zukunft der Arbeit erhalten und einnehmen. Wir wollen mehr Inklusionsbetriebe, in denen Menschen mit Behinderungen gemäß ihren Fähigkeiten neben allen anderen arbeiten. In einer inklusiven Gesellschaft muss auch inklusives Arbeiten möglich gemacht werden.
Seit Mitte Januar sind bundesweit über eine Million Menschen innerhalb kürzester Zeit auf die Straße gegangen, um „Laut gegen Rechts“ zu demonstrieren. In Bremen waren es mindestens 50.000. Anlass waren die Enthüllungen des Recherche-Zentrums correctiv zum Rechtsextremisten-Treffen im November 2023 in der Villa Adlon. Mitglieder von AfD, Werteunion, CDU und Identitären diskutierten auf diesem Treffen über einen „Masterplan zur Remigration“, wie Asylsuchende, Ausländer*innen mit Aufenthaltstitel und deutsche Staatsbürger*innen mit Migrationsbiographie aus Deutschland vertrieben werden sollen.
Die Recherchen haben die faschistischen und antidemokratischen Bestrebungen der extremen Rechten und vor allem ihre äußerst gute Vernetzung in Kreise der AfD, CDU und reicher Unternehmer offengelegt. Nur wenige Kilometer vom Ort der Wannseekonferenz 1942 entfernt, wirft das Treffen ein Schlaglicht darauf, welche Pläne mit dem weiteren Erstarken der AfD verbunden und verfolgt werden. Damit stellt sich auch die Frage, ob ein Verbotsverfahren gegen die AfD eingeleitet werden soll, mit neuer Dringlichkeit.
Die Demonstrationen gegen Rechts in den Wochen seither markieren eine Zäsur. Mit einer enormen Breite und mehr oder weniger spontan haben Hunderttausende deutlich gemacht, dass sie die Rechtsverschiebung des gesellschaftlichen Klimas und den Aufstieg der AfD nicht hinnehmen, dass sie die Straße und den öffentlichen Diskurs zurückfordern.
Der Rechtsruck, den wir in Deutschland seit 2015 und ganz verstärkt seit der Bundestagswahl 2021 erleben, geht nicht alleine auf das Konto der extremen Rechten. Rechte Rhetorik und rechte Programmatik zu den Themen Migration, Diversität, Sozialleistungen, der Aufruf zu einem Kulturkampf gegen fortschrittliche Veränderungen und offene Gesellschaft: All das ist längst Bestandteil der Agitation der CDU geworden und reicht bis in die Ampelkoalition hinein. Dass es die AfD nur stärker macht, weil man ihr letztlich beipflichtet, ist inzwischen unübersehbar und wird bewusst in Kauf genommen.
Im Faschismus ist niemand sicher. Beim Spiel mit der Ausgrenzung kann jeder der
nächste sein. Die Demonstrationen gegen Rechts machen auch den langjährigen
Versuchen einen Strich durch die Rechnung, sich Anerkennung bei der vermeintlichen
„Mehrheitsgesellschaft“ zu erkaufen, indem man diejenigen ausgrenzt und angreift,
die ohnehin schon marginalisiert sind: Geflüchtete, Erwerbslose, junge Klima-
Aktivist*innen, Menschen mit nicht-traditioneller Geschlechtsidentität, Menschen
mit Behinderungen Obdachlose, Drogenabhängige. Die Proteste senden dagegen ein
starkes Zeichen: „Wir“ sind alle – wir stehen solidarisch zusammen und wollen keine
Politik auf Kosten derer, die bereits benachteiligt, ausgegrenzt, attackiert
werden!
Die Politik der Entsolidarisierung und der sozialen Härten schafft dabei immer
wieder erneut ihre eigenen politischen Voraussetzungen: Unsicherheit und
Delegitimierung. Wir erleben seit Jahren eine wachsende Vertrauenskrise gegenüber
dem demokratischen System, dem Sozialstaat und der wirtschaftlichen Entwicklung.
Die Grundüberzeugung, dass die Gesellschaft Entscheidungen fällen kann, die für
alle die Zukunft sichern und letztlich auch für alle Einzelnen eine sozial und
wirtschaftlich sichere Perspektive bieten, ist dramatisch im Schwinden. Stattdessen
haben Scheinlösungen und Entsolidarisierung Hochkonjunktur in der
gesellschaftlichen Debatte. Rechtspopulistische Agitation, allgemeine
Krisenerfahrung, eine durch die langen Jahre des Neoliberalismus geschwächte
öffentliche Handlungsfähigkeit, akute Fehler der Bundesregierung und das
opportunistische Agieren der Unions-Opposition wirken dabei in fataler Weise
zusammen.
Was wir anstatt dessen fordern: Eine Politik, die gespeist ist aus einer
solidarischen und gerechten, also einer sozialistischen Vision für die Zukunft der
Gesellschaft. Das bedeutet, die Demokratie und die Menschenrechte, sowie die
sozialen Rechte aller Mitglieder der Gesellschaft zu verteidigen. Das bedeutet
auch, konkrete Politik zu machen, die die Situation der Menschen verbessert und die
Weichen dafür stellt, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Einzig eine seriöse
Politik, die die Probleme der Menschen ernst nimmt, aber gleichzeitig nicht
populistischen Forderungen verfällt, hat die Chance den Rechten etwas
entgegenzusetzen.
Die Politik der Bundesregierung und der sie tragenden Ampel-Koalition wird der
Anforderung nicht gerecht, Krise und Transformation gerecht und solidarisch zu
bewältigen. Sie produziert soziale Spaltung, aber auch große Unsicherheit. Die
Ampel gibt keine Antwort auf die Frage, wie ein zukünftiges Wohlstandsmodell
aussehen soll und wie der Weg dahin sozial gerecht gestaltet wird. Soziale
Sicherheit und starke Zukunftsinvestitionen müssten die Eckpunkte für einen neuen
sozialen Gesellschaftsvertrag sein, die sich in verlässlichen Leitlinien
niederschlagen, was in der Veränderung gelten soll – und woran die Regierung sich
hält.
Wir treten für die folgenden Leitlinien ein:
- Die untere Einkommenshälfte von den Kosten der Transformation freistellen
Die klimapolitische Transformation vollzieht sich auch über steigende Preise und
private Investitionskosten. Es muss klar sein, dass das nicht zu einer verstärkten
sozialen Spaltung führen darf. Daher muss gelten: Die untere Einkommenshälfte muss
von den Kosten der Transformation konsequent freigestellt sein, darüber muss
gestaffelt werden. Dazu gehört eine soziale Preisgestaltung im Einzelnen,
ausreichende Förderprogramme und ein genereller Ausgleich über das Klimageld.
Ein wichtiger Baustein sind günstige oder kostenfreie öffentliche Leistungen für
alle. Wir setzen uns im Bundesland weiter dafür ein, dass das Stadtticket ausgeweitet wird, dass der ÖPNV bezahlbar bleibt und perspektivisch ticketfrei funktioniert, dass das Stadtticket ausgeweitet wird,
dass Bildung kostenfrei ist und dass Gebühren maßvoll bleiben. Wir setzen uns für
einen barrierefreien und rollstuhlgerechten ÖPNV ein.
- Lohn muss zum Leben reichen – für alle Familienformen
Alle Berechnungen zeigen klar: Mit einem Vollzeiteinkommen zum Mindestlohn stehen
sich selbst ungünstige Familienkonstellationen besser als mit Bürgergeld. Das gilt
allerdings nur in Verbindung mit Familienzuschlag und Wohngeld. Diese
Transferzahlungen ersetzen die früheren „Familienlohn“-Bestandteile in den
Lohntarifen und müssen ein angemessenes Einkommen für unterschiedliche
Familienformen gewährleisten.
Dann müssen sie aber auch so behandelt werden. Wir sprechen uns dafür aus, das
Wohngeld genau wie das Kindergeld mit dem Lohn auszuzahlen und die Verfahren
entsprechend zu vereinfachen. Die Kindergrundsicherung muss sich an den realen
Bedarfen orientieren und darf nicht zum Spielball von Haushaltskürzungen werden.
Der Mindestlohn muss auf 15 Euro steigen.
Im Bundesland setzen wir uns dafür ein, dass die quartiersnahen Beratungs- und
Informationsangebote ausgebaut werden und insbesondere Wohngeld zeitnah ausgezahlt
wird. Auch über den neuen Mietspiegel und die damit verbundenen Rechte für
Mieter*innen soll breit informiert werden.
- Qualifikation darf kein Luxus sein
Wenn Weiterqualifikation und lebenslanges Lernen zentrale Elemente der
Transformation sind, dann dürfen auch sie nicht zur Verstärkung der sozialen
Spaltung führen. Qualifikation darf nicht zu Einkommenseinbußen führen, sondern
muss sich lohnen. Die Streichung des Qualifizierungsbonus beim Bürgergeld ist
sozial und strategisch falsch, genauso die geplante Nullrunde beim BAföG.
Unbezahlte oder prekär bezahlte Ausbildungen müssen der Vergangenheit angehören.
Berufsbegleitende Qualifizierung erfordert einen angemessenen Ausgleich für
reduzierte Arbeitszeit.
Im Bundesland setzen wir uns für den weiteren Ausbau bezahlter Ausbildungen wie der
praxisintegrierten Erzieher*innen-Ausbildung (PiA) ein, für den Erhalt der
Ausbildungsaufstiegsförderungen und für eine Transitionsgesellschaft, die
Umqualifizierung in kritischen Branchen frühzeitig fördert.
- Infrastruktur braucht Mindeststandards
Das Prinzip der gleichwertigen Lebensumstände steht massiv unter Druck. Die
sozialräumliche Spaltung nimmt zwischen den Regionen zu, aber auch innerhalb der
Städte. Für die Lebensqualität wesentliche Infrastrukturen (ÖPNV, moderner
Wohnraum, Schulen, Gesundheitsversorgung) stehen häufig nur noch unzureichend zur
Verfügung. Das Infrastruktur-Niveau wird von mehreren Faktoren gesteuert: Der
räumlichen Verteilung von Wertschöpfung und Arbeitsproduktivität, aber auch von
Mobilität und Digitalisierung, sowie von Umverteilung zwischen Regionen und
zwischen sozialen Gruppen.
Wir kritisieren daher scharf, dass die Bundesregierung plant, ihre Anteile an den
verschiedenen Regionalisierungsmitteln (Wirtschaftsförderung, ÖPNV,
Städtebauförderung …) zu senken, und generell keine Klarheit über die
mittelfristige Finanzierung wesentlicher Instrumente schafft (Deutschlandticket,
IPCEI-Förderung usw.) Notwendig sind stattdessen Mindeststandards für
Infrastruktur, die überall gelten müssen.
Für solche Standards setzen wir uns auch im Bundesland auf sozialräumlicher Ebene
ein. Das gilt etwa für die Verteilung von Sozialwohnungen und kommunalem Wohnraum
auf die Stadtteile, für ÖPNV-Garantien, für den Aufbau von Gesundheitszentren und
für die Schulstandortplanung.
- Zuwanderung muss gut ausgestaltet sein
Menschen aufzunehmen, die verfolgt oder in Not sind, ist eine moralische und
rechtliche Pflicht. Ebenso richtig ist: Ohne Zuwanderung gibt es kein Wachstum und
keine Wohlstandssicherung. Ohne die Auslandszuwanderung der letzten 10 Jahre hätte
Deutschland heute statt 84 Mio. nur 78 Mio. Einwohner*innen – 2 Mio. weniger als
bei der Wiedervereinigung 1990; mit allen Folgen für Fachkräftesicherung,
Rentenkassen und Infrastruktur. Entwickelte Industriestaaten ohne Zuwanderung
schrumpfen: Bei Geburtenraten von 1,5 muss jede*r vierte zukünftige Bürger*in im
Ausland geboren werden.
Zuwanderung ist eine Zukunftsinvestition. Sie gut auszugestalten, kostet Geld, das
sich später auszahlt. Wir fordern die vollständige Übernahme der Unterbringungs-
und Betreuungskosten durch den Bund in den ersten 2 Jahren und den Ausbau aller
Programme, die neu Zugewanderten helfen, im Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft
anzukommen.
Im Bundesland setzen wir uns weiterhin für den Abbau von Massenunterkünften ein,
für mehr kommunalen Wohnungsbau für alle, für die schnellere Anerkennung von
Abschlüssen, für Programme die sofortige Erwerbsarbeit mit paralleler Qualifikation
verbinden, und eine offene, diskriminierungsfreie Stadtgesellschaften.
- Bildung muss Schritt halten
Der Maßstab eines Bildungssystems sind die Kinder und Jugendlichen, die da sind – sich andere zu wünschen, ist die falsche Haltung. Die aktuell größte Herausforderung ist die, das Bildungssystem für alle zugänglich zu machen, zuwanderungsfest und sozial gerecht auszugestalten. Bildungserfolg muss auch ohne häusliche Bildungsressourcen umsetzbar sein. Dazu gehört auch, allen Kindern einen sicheren Kita-Platz anzubieten. Solange die Norm Schüler*innen sind, die vom Tag eins an perfekt deutsch sprechen und deren Familien sich im Bildungssystem gut auskennen, und solange der Einstieg ins (frühkindliche) Bildungssystem zu völlig unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgt, wird sich der Trend einer immer stärkeren Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft nicht umkehren lassen, sondern die soziale Spaltung vorangetrieben werden. Wir stehen zum inklusiven Bildungssystem, das Menschen mit Behinderungen nicht ausgrenzt. All das wird nicht möglich sein ohne stärkere finanzielle Anstrengungen, mehr Personal und mehr Ausbildungskapazitäten.
Die Beteiligung des Bundes an den Bildungskosten für Kitas und Schulen muss gesteigert werden, und sie muss die unterschiedlichen regionalen Herausforderungen durch die verschiedenen Risikofaktoren widerspiegeln. Im Bundesland setzen wir uns für die stärkere Berücksichtigung der Sozialindikatoren bei der Ressourcenverteilung ein. Bei den im Koalitionsvertrag angelegten Formaten zum Thema Weiterentwicklung legen wir besonderes Gewicht auf die Aspekte „zuwanderungsfestes Bildungssystem“ und „voraussetzungsfreies Bildungssystem“.
- Arbeiten muss sich ändern
Was für die Schulen gilt, gilt auch für die Betriebe: Sie müssen sich an den Arbeitnehmer*innen von heute orientieren. Wer veränderte Ansprüche und Haltungen nicht aufgreift, wird perspektivisch keine Arbeitskräfte mehr finden. Dabei treten immer stärker Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung, nach Verlässlichkeit und Vereinbarkeit, nach einer anerkennenden und diskriminierungsfreien Betriebskultur und nach mehr Mitgestaltung in den Mittelpunkt.
Wir unterstützen ausdrücklich Arbeitskämpfe, die solche Forderungen zum Ziel haben. Sie sind modern und gesellschaftlich relevant, weil sie dem veränderten Verhältnis von Produktivität, Gesellschaft und Arbeitskultur Rechnung tragen. Das A und O dieser Veränderungen ist die Tarifbindung. Wir werden uns in dieser Legislaturperiode weiter in Bund und Land dafür einsetzen, öffentliches Geld und öffentliche Aufträge konsequent an Tarifbindung zu koppeln und die Möglichkeiten der Allgemeinverbindlichkeitserklärung zu erweitern.
Demokratie & Mitbestimmung im Betrieb sind grundlegend für unser demokratisches Miteinander und ein starkes Werkzeug gegen den Rechtsruck. Deshalb setzen wir uns im Bund für eine grundlegende Reform des Betriebsverfassungsgesetzes ein. Auch wollen wir es zu einem politischen Ziel machen, dass möglichst viele Beschäftigte in Bremen durch Betriebsräte vertreten werden und sich dort engagieren können.
Auch darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, dass Gewerkschaften, Betriebsräte und Arbeitnehmerkammer eine starke Rolle in der Gestaltung von Transformationsprozessen und in der Debatte um die Zukunft der Arbeit erhalten und einnehmen. Wir wollen mehr Inklusionsbetriebe, in denen Menschen mit Behinderungen gemäß ihren Fähigkeiten neben allen anderen arbeiten. In einer inklusiven Gesellschaft muss auch inklusives Arbeiten möglich gemacht werden.
Im Vorfeld der erfolgreichen Demonstration des Bremer Bündnis gegen Rechts
verbreiteten Bremer Medien „Warnungen“ des Innenressorts und Verfassungsschutzes
vor Teilen der Demoorganisation und bezeichneten diese als „linksextremistisch“.
Wir wehren uns gegen diese Angriffe auf legitime antifaschistische Proteste und den
dahinter stehenden Extremismusdiskurs. Entschiedener Widerspruch gegen
rassistische, antisemitische und andere menschenfeindliche Einstellungen ist
niemals mit solchen Einstellungen gleichzusetzen – links ist nicht gleich rechts.
Ein Verfassungsschutz, der nie gemerkt hat, dass seine Bundesbehörde über Jahre von
einer Person mit extrem rechtem Gedankengut geleitet wurde, hat sich spätestens
damit als Frühwarnsystem der Demokratie endgültig disqualifiziert.
Die Linke Bremen wird sich der extremen Rechten und ihrer politischen Agenda
weiterhin in breiten antifaschistischen Bündnissen entgegenstellen. Dabei gehören
Gewerkschaftler*innen, Kirchen, antifaschistische Aktivist*innen und Menschen ohne
Organisation, die vielleicht zum ersten Mal an einer Demonstration teilnehmen, alle
gleichermaßen selbstverständlich dazu.
Wir fordern den Landesvorstand und die Bürgerschaftsfraktion dazu auf, in der
Koalition darauf hinzuwirken, dass der Bremer Verfassungsschutz die Beobachtung
antifaschistischer Gruppen einstellt. Insbesondere fordern wir, dass die
Diffamierung linker Gruppen, von deren Aktivitäten keinerlei Gewalt ausgeht als
„gewaltorientiert“ beendet wird.
Partei und Fraktion werden gebeten, sich auf Bundes- und Landesebene konsequent für
eine Strategie zur Verteidigung der Demokratie gegen faschistische,
nationalistische und völkische Umtriebe durch Parteien und außerparteiliche
Organisationen einzusetzen. Diese Strategie zielt einerseits auf die Sicherung und
(Re-)Finanzierung von Programmen der politischen Bildung, der Rechtsextremismus-
Prävention sowie der Beratung und Unterstützung von Opfern rechter Gewalt.
Andererseits besteht sie in der konsequenten Anwendung sämtlicher angemessener
Rechtsmittel. Dabei sollte explizit neben der stärkeren Kontrolle privater und
staatlicher Finanzströme an Parteien auch die Möglichkeit eines Verbotes von
Parteien beziehungsweise einzelner Gliederungen von Parteien geprüft und – sofern
von diesen begründete Gefahr ausgeht und ein Verbotsverfahren Aussichten auf Erfolg
hat – angestrebt werden.
Die Schuldenbremse ist zu einer ernsten Zukunftsgefährdung geworden. Kein Betrieb,
keine Familie kann wirtschaften, ohne Investitionen zu tätigen, die erst in der
Zukunft bezahlt werden – eine Volkswirtschaft kann es auch nicht. Mit dem Urteil
des Bundesverfassungsgerichts, das auch Kreditermächtigungen in Notsituationen auf
das laufende Jahr begrenzt, ist die Schuldenbremse in ihrer bestehenden Form
endgültig unhaltbar geworden.
Das Institut der deutschen Wirtschaft geht von einem öffentlichen Investitionsstau
in Höhe von 450 Milliarden Euro für die nächsten 10 Jahre aus. Das war vor Corona,
vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, vor der Energiepreiskrise, und
vor genaueren Berechnungen, was das Erreichen der kritischen Klimaziele bis 2035
kosten wird. Die Unsicherheit, ob staatliche Investitionen in die Transformation
über einen längeren Zeitraum durchgehalten werden können, blockiert private
Investitionen, behindert den Pfadwechsel auf klimaneutrale Produktion und
Lebensweise, und stellt die Zukunft des Wirtschaftsstandorts in Frage. Länder wie
die USA und China, aber auch viele Schwellenländer, erzielen erhebliche
Wachstumsraten durch Investitionen in Zukunftstechnologien und Infrastruktur,
während Deutschland zurückfällt. Selbst große Unternehmen und der Internationale
Währungsfonds IWF kritisieren deshalb die starre Investitions- und
Verschuldungsverbote Deutschlands, die auch international einmalig sind.
Die Ampel-Koalition geht zunehmend dazu über, die wirtschaftliche und ökologische
Transformation durch höhere Belastungen für die breite Bevölkerung, für die
Betriebe und die Kommunen zu finanzieren. Dies ist sozial unzumutbar, gefährdet den
sozialen Frieden und erschüttert das Vertrauen in die demokratischen Strukturen.
Die Schuldenbremse ist ein Instrument der sozialen Spaltung. Sie wirkt im Interesse
der Vermögenden. Sie schützt hohe Einkommen, Vermögen und Gewinne vor der
zukünftigen Inanspruchnahme für die Abfinanzierung von öffentlichen Investitionen.
Sie schützt private Vermögen vor Entwertung durch Wachstum und Inflation, weil sie
deflationär wirkt, und verschafft denen billige Kredite, die schon Geld haben. Sie
verstärkt die Klassenabschließung, weil durch schlechte öffentliche Infrastrukturen
Aufstieg und Erfolg denen vorbehalten bleibt, die über private Ressourcen verfügen.
Mittlerweile hat sich die Schuldenbremse zu einem Turbo für antidemokratisches
Gedankengut entwickelt: Gerade ausbleibende Investitionen der öffentlichen Hand in
Bildung, Infrastruktur etc. verschlechtern gefühlt oder tatsächlich viele
Alltagssituationen und zeichnen das Bild eines politischen Systems, welches sich
offenbar nicht (mehr) wirklich für die Belange der Menschen interessiert. Vor
diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, wenn die Wahlbeteiligung sinkt und
gleichzeitig die Bereitschaft steigt, sich für die "Alternative für Deutschland" zu
erwärmen.
Der falsche Sonderweg der Schuldenbremse muss beendet werden. Wir unterstützen als
ersten Schritt eine Reform der Schuldenbremse im Grundgesetz, die das ermöglicht,
was inzwischen weitgehender Konsens der wirtschaftspolitischen Diskussion ist:
- Kreditaufnahme bis zur Höhe der Neuinvestitionen
- Kreditfinanzierung für Programme zur Auflösung von Sanierungsstaus
- Einbeziehung von Bildungsinvestitionen in den Investitionsbegriff
Wir setzen uns dafür ein, dass Bremen zusammen mit anderen Bundesländern eine
entsprechende Initiative im Bundesrat ergreift.
Wir fordern die Bundesregierung auf, diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die auch
ohne Zustimmung der CDU einfachgesetzlich möglich sind:
- (rechtlich selbständige) Öffentliche Investitionsgesellschaften einrichten
- Die Konjunkturkomponente im Ausführungsgesetz zu Art. 115 GG offensiv
reformieren (siehe Vorschläge des Dezernats für Zukunft) - Praxistaugliche Regeln zur mehrjährigen Haushaltsführung in Notsituationen
einführen (im Haushaltsgrundsätzegesetz und durch ein Ausführungsgesetz zu
Artikel 109 (4) GG) - Die vom Verfassungsgericht ausdrücklich bestätigte Möglichkeit ergreifen,
jährliche Ausnahmebeschlüsse zu fassen, solange es zur Bekämpfung der
Notsituation erforderlich ist.
Im Bundesland Bremen besteht eine besonders schwerwiegende Einschränkung
staatlicher Handlungsfähigkeit durch die Schuldenbremse: Das Verbot der
Kreditaufnahme für die Stadtgemeinden. Kein anderes Bundesland hat eine solche
Regelung. Sie ist besonders hinderlich, denn gerade die Kommunen sind zur Erfüllung
ihrer Aufgaben auf kreditfinanzierte Investitionen angewiesen, die nur mehrjährig
abgetragen werden können:
- Schul- und Kita-Bau
- Ankauf von Immobilien, die für die Stadtentwicklung oder die Wohnungspolitik
von Bedeutung sind, wenn sich die Gelegenheit oder Notwendigkeit bietet - Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr
- Defizitausgleiche oder Sanierungsinvestitionen für öffentliche Unternehmen,
die typischerweise ungeplant und stark schwankend auftreten - Wohnungsbau
- Nachholende oder zukunftsorientierte Bildungsinvestitionen
- Pflegeinfrastruktur
- Gesundheits- und Hebammenzentren
- Gewaltschutzeinrichtungen für Frauen und Queere Menschen
Das kommunale Verschuldungsverbot stellt daher einen erheblichen
Wettbewerbsnachteil und ein Zukunftshemmnis dar, das dringend beseitigt werden
muss. Weder das Grundgesetz noch die Sanierungsvereinbarung mit dem Bund stehen
einer solchen Reform entgegen.
Erforderlich ist dafür eine Änderung der Landesverfassung. Dies kann durch
Parlamentsbeschluss mit Zweidrittelmehrheit geschehen, was eine Zustimmung der CDU
voraussetzen würde. Es ist jedoch ebenfalls möglich durch eine Verfassungsänderung,
die von der Bürgerschaft mit absoluter Mehrheit beschlossen und zur Volksabstimmung
vorgelegt wird. Das nötige Quorum (einfache Mehrheit, aber Zustimmung von
mindestens 40 Prozent der Wahlberechtigten) ist erreichbar, wenn die
Volksabstimmung parallel zur Bundestagswahl durchgeführt wird.
Wir fordern den Senat und die Bremer Koalition dazu auf, ein entsprechendes Gesetz
vorzubereiten, einzubringen und den Volksentscheid zusammen mit der Bundestagswahl
2025 durchzuführen.
Die Wahlen zum Europäischen Parlament am 9. Juni 2024 finden vor dem Hintergrund
großer Umbrüche statt. Die Ergebnisse werden mit darüber entscheiden, ob die
politische, wirtschaftliche und soziale Integration in Europa fortgesetzt wird und
die EU weiterhin eine gewichtige Rolle nach außen und innen wahrnehmen kann, oder
ob es, nationalistischen und rechtspopulistischen Parteien gelingt, die
Mehrheitsverhältnisse zu kippen und die gemeinsame europäische Handlungsfähigkeit
zu schwächen. Entscheiden wird sich aber auch, ob es genug Kräfte geben wird, die
sich hörbar für eine europäische Friedenspolitik einsetzen; eine Politik, die statt
auf Aufrüstung und Konfrontation auf Sicherheit durch Verständigung setzt.
Die europäische Dimension ist für viele Politikfelder immer wichtiger geworden.
Entscheidungen auf EU-Ebene setzen wesentliche rechtliche und politische
Rahmenbedingungen, die unmittelbare Auswirkungen auf das Leben der Menschen und
ihre Zukunftschancen haben. Globale Herausforderungen wie die Klimakrise, die
Friedensfrage, die Bekämpfung von Armut und Ungleichheit, können nicht mehr auf
nationalstaatlicher Ebene allein beantwortet werden.
Obwohl die EU mit einem stark neoliberalen und wirtschaftskonservativen Ansatz
gegründet wurde, waren die letzten Jahre davon geprägt, dass in vielen
Politikbereichen auch fortschrittliche Entscheidungen gelungen sind – nicht selten
im Kontrast zur Rechtsverschiebung in den Nationalstaaten. Die EU hat ihre starren
Wettbewerbsregeln in der Pandemie und in der Ukrainekriegs-/Energiekrise ausgesetzt
und in wichtigen Bereichen dauerhaft geöffnet, etwa bei den für Bremen und
Bremerhaven besonders wichtigen Investitionen in die Klima- und
Wasserstofftransformation. Auch das europäische Schuldenregime beginnt sich zu
verändern; die Reform des Wachstums- und Stabilitätspakts ist ein erster Schritt.
In der Agrarpolitik, der Digitalpolitik oder der Klimapolitik sind die Ziele und
Vorgaben auf EU-Ebene oft wesentlich ambitionierter als die nationalen Politiken
der Mitgliedsstaaten.
Von zentraler Bedeutung wird aber werden, ob der wachsenden sozialen Ungleichheit
und ökonomischen Unsicherheit endlich konsequenter entgegengetreten wird. Zwar
gelang z.B. mit der europäischen Mindestlohnrichtlinie ein Fortschritt, der
wesentlich auf das Agieren der Europäischen Linken zurückgeht. Der Schritt zu einer
solidarischen europäischen Integration, die gemeinsame Standards von
Sozialleistungen bis Unternehmensbesteuerung vorantreibt, ist jedoch nach wie vor
nicht durchgesetzt. Exzessiver Reichtum Weniger und zunehmende Armut ganzer
Generationen entwickeln sich auch innerhalb eines europäischen Kontexts, daher muss
gerade auch auf europäischer Ebene Politik gemacht werden für die Bekämpfung von
Sozial- und Arbeitsplatzabbau und die Begrenzung von maßlosen privaten Profiten und
Vermögensreichtum. Transformationspolitik muss nach sozialen Maßgaben gestaltet
werden, damit sie für die Vielen statt nur für Wenige gut funktioniert. Auch der
massiven Militarisierung, mit der sich auch auf europäischer Ebene die
Rüstungskonzerne auf Kosten der Menschen wie des Klimas bereichern, müssen wir
entgegentreten. Wohlstand für Alle ist nicht ohne Frieden zu erreichen! Politische
Reformen wie die Stärkung des Parlaments und der Übergang zum Mehrheitsprinzip sind
dafür notwendig, um die Handlungsfähigkeit der EU zu sichern.
Die Europawahl: Europäische Wahl und nationale Zwischenwahl
Die Europawahl wird einen ausgeprägten Doppelcharakter haben. Zum einen werden
tatsächlich die Zukunft der europäischen Politik und die Auseinandersetzung um ihre
Gestaltung das eigentliche Thema der Wahl sein. Dass Europa immer wichtiger wird,
ist vielen klar. Zum anderen wird die EU-Wahl auf der Bundesebene den Charakter
einer Zwischenwahl haben, mit der Signale, Stimmung, Protest oder Ansprüche im
Hinblick auf die nationalen Politiken formuliert werden. Wir müssen uns auf beides
einstellen und zu beidem argumentieren.
Für die Linke ist es die erste Wahl nach dem Ende der innerparteilichen
Auseinandersetzung um Sahra Wagenknecht, und die erste Wahl, zu der auch die BSW
antritt. Die Umfrageergebnisse der letzten Zeit zeigen uns stabil, aber auf
niedrigem Niveau. Unser Ziel wird sein, das Ergebnis der letzten Europawahl
mindestens zu halten und im Bundesland Bremen wieder ein Ergebnis deutlich oberhalb
des Bundesergebnisses zu erzielen. Zudem besteht die Hoffnung, dass die
Demonstrationen gegen Rechts den Aufstieg der AfD ein Stück weit bremsen.
Der Europawahlkampf für uns eine wichtige Stufe innerhalb des Comebacks auf dem Weg
zur Bundestagswahl 2025. Wir werden deutlich machen
- dass die linke Fraktion im Europaparlament reale Veränderungen erreichen kann
(Beispiel Mindestlohnrichtlinie), - wie wir uns die Weiterentwicklung der EU und europäischer Politik auf
zentralen Feldern (Umverteilung, Klimapolitik, öffentlicher Sektor,
Sicherheitspolitik) vorstellen und welche weitergehenden Perspektiven wir
damit verbinden, - in welcher Weise europäische Entscheidungen von direkter Bedeutung für Bremen
und Bremerhaven sind (Beispiele: Stahl und Wasserstoffstrategie,
Finanzpolitik, Migration, Häfen).
Den Wahlkampf nutzen, um Positionen und Präsenz zu zeigen
Wir haben als Landesverband in den letzten Jahren eine gute Kampagnenfähigkeit in
Wahlkämpfen entwickelt. Wir wollen daran anschließen, mehr Wähler*innen und
Mitstreiter*innen zu gewinnen und den Wahlkampf nicht zuletzt nutzen, um neue
Genoss*innen einzubinden.
Angesichts begrenzter Ressourcen müssen wir klug überlegen, welche Akzente wir
setzen. Was wir machen, soll möglichst auffallen. Dabei müssen wir den Spagat
hinbekommen: Gerade bei der Europawahl wird sich die Wahlbeteiligung und das Gros
unserer Stimmen auf die innerstädtischen Bereiche konzentrieren – aber am meisten
müssen wir für die Stimmen in den weniger zentralen Bereichen tun. Für Bremerhaven
und Bremen-Nord wollen wir Unterstützung aus den anderen Kreisverbänden
mobilisieren.
Neben Plakatierung, Infoständen und dem Abdecken der Podiums-Anfragen werden wir
Diskussions-Angebote machen und auf quartiersnahe Aktivitäten wie Stadtteilfeste,
Stadtteil-Grillen etc. setzen: Es ist (fast) Sommer und es gibt vieles, worüber es
sich lohnt vor Ort ins Gespräch zu kommen, von europäischer Politik bis zu
Nachbarschaftsthemen und Stadtteilpolitik.
Anlässlich der anstehenden Tarifverhandlungen des Tarifvertrag Nahverkehr (TV-N) im
Frühjahr diesen Jahres haben sich Fridays for Future und ver.di im Kampagnenbündnis
#WirFahrenZusammen zusammengeschlossen. Die Kampagne macht deutlich: Alle sind auf
einen guten ÖPNV angewiesen und einen guten ÖPNV gibt es nur mit guten
Arbeitsbedingungen. Und auch aus klimapolitischer Sicht ist ein guter ÖPNV
unerlässlich, denn ohne einen guten ÖPNV gibt es keine Verkehrswende und keine
Chance die Klima-Emissionen im Verkehrsbereich spürbar zu senken.
Wir begrüßen die Kampagne und unterstützen nachdrücklich das Bündnis aus
Beschäftigten im ÖPNV, Nutzer*innen des ÖPNV und der Klimabewegung.
#WirFahrenZusammen zeigt, wie Klimaschutz, die Interessen der lohnabhängig
Beschäftigten und der ÖPNV-Nutzer*innen zusammen gedacht werden können.
Arbeitskämpfe und die Bekämpfung der Klimakrise sind eng verbunden, denn
Klimaschutz auf Kosten der Beschäftigten oder Stillstand im Ausbau des ÖPNV
verhindern eine Entwicklung mit Zukunft.
In den ÖPNV muss im großen Stil investiert werden!
Wir unterstützen die Forderung von WFZ zur Verdopplung des ÖPNVs in Deutschland. In
den ÖPNV muss endlich mit Nachdruck investiert werden, anstatt immer in neue
Autobahnen oder dem unnötigen Ausbau bestehender Autobahnen wie der A27 in Bremen
muss jetzt in Personal und Fahrzeuge investiert werden. Die Verkehrspolitik des
FPD-geführten Verkehrsressorts der Bundesregierung befördert eine zukunftsferne
Verkehrspolitik zugunsten des Autos. Unwürdige Hängepartie zur Zukunft des 49€-
Tickets sind ein fatales Signal für die Verkehrswende. Die nicht getätigten
notwendigen Investitionen in den ÖPNV zeigen einmal wieder, dass die Schuldenbremse
eine Zukunftsbremse ist und dringend abgeschafft aber wenigstens reformiert werden muss.
Gleichzeitig darf der Mangel an Investitionen in Bremen nicht dazu führen, dass es zu Sparmaßnahmen- und druck bei der BSAG kommt. Wir stellen uns gegen Einsparungen und für Sicherheit für die Beschäftigten in der BSAG.
Gute Arbeitsbedingungen gegen Fachkräftemangel!
Ohne gute Arbeitsbedingungen führt alleine schon der Fachkräftemangel zu einem
Stillstand beim Ausbau des ÖPNV. Bus und Bahn fahren nahezu rund um die Uhr, die
Beschäftigten der Verkehrsbetriebe und in Bremen insbesondere der BSAG sind
unverzichtbar für diesen integralen Bestandteil täglicher Mobilität. Wir
unterstützen daher die Forderungen von ver.di für den TV-N in Bremen zur
Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, Erhöhung der Zuschläge zu Sonderzeiten,
Erhöhung der Urlaubsansprüche und Verbesserung der gewerkschaftlichen Mitbestimmung
und der Fortbildungsansprüche. Wir fordern die BSAG und den Senat dazu auf, den Forderungen der Beschäftigten in den Tarifverhandlungen gerecht zu werden.
Außerdem unterstützen wir die Forderung der Beschäftigten für eine Priorisierung des ÖPNV im Straßenverkehr. Dazu gehört eine Bessere Schaltung, und somit Vorrang vor den Autos, sowie Fahrradwege neben den Gleisen.
Bus und Bahn in Bremen ticketfrei!
Ein ticketfreier ÖPNV, in den jede*r einfach einsteigen und mitfahren kann ist ein
wichtiger Beitrag für niedrigschwellige Mobilität und soziale Gerechtigkeit. Gerade
Menschen, die in zentrumsfernen Stadtteilen wohnen und kein Auto haben, sind auf
den ÖPNV angewiesen. Das 9€-Ticket hat gezeigt, welchen Unterschied ein
kostengünstiges Angebot macht. Deshalb fordern wir, Bus und Bahn in Bremen
ticketfrei zu machen. Wir haben schon 2022 ein Finanzierungskonzept vorlegt, dass
eine Finanzierung des Ausfalls der Ticketeinnahmen über die Erhöhung der Grund- und
Gewerbesteuer vorsieht und so eine soziale Staffelung gewährleistet. Für die
Investitionen, welche durch voraussichtlich steigende Fahrgastzahlen notwendig
sind, müssen Ausnahmen von der Schuldenbremse gefunden werden, entweder durch
Reform oder eine Ausnahmeerklärung.
Ein gut ausgebauter, ticketfreier und sozial gerecht finanzierter ÖPNV mit guten
Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten ist das beste Beispiel für die soziale
Gestaltung von Klimapolitik. Die Bekämpfung der Klimakrise ist eine soziale Frage,
die Antworten, die wir auf die Klimakrise finden müssen dieser Einsicht ebenfalls
entsprechen!
Wir werden die Aktionen von WFZ solidarisch begleiten und auf allen Ebenen die
Forderungen unterstützen.
Der Landesparteitag zeigt sich besorgt über die geplanten Verschärfungen der Sanktionen gegen Bürgergeldbeziehende. Wenn der Regelsatz komplett gestrichen und nur noch die Miete gezahlt wird, müssen die Betroffenen hungern. Bei gesundheitlich angeschlagenen Menschen, kann das bereits nach zwei Wochen lebensgefährlich werden.
Die totale Kürzung des Existenzminimums verstößt gegen Grundgesetz Artikel 1, Abs.1 und Artikel 2, Abs.2 (Würde des Menschen, Recht auf körperliche Unversehrtheit) und stellt Betroffene unter Generalverdacht. Gerade Menschen mit körperlichen, psychischen und sprachlichen Einschränkungen sind oft gar nicht dazu in der Lage, auf Jobangebote zeitnah zu reagieren oder diese Stellen anzutreten. Welche Arbeitsstelle zumutbar ist, entscheidet jedoch nicht der/die Erwerbslose, sondern der/die Vermittler*in oder Fallmanger*in im Jobcenter.
Die sogenannten Vermittlungshemmnisse dürfen nicht als Vorwand für Sanktionen dienen. Statt dessen ist in gegenseitiger Kooperation auf Augenhöhe eine Reduzierung der Vermittlungshemmnisse und damit eine Verbesserung der individuellen Lebenssituation anzustreben - was sich positiv auf die Vermittelbarkeit auswirken dürfte. Fördern und Befähigen muss das Ziel sein. Sanktionen dienen als Drohung an Erwerbstätige auch dazu, sie gefügig zu machen und die Ausbeutung im Niedriglohnsektor zu zementieren. Die Lösung liegt nicht in einer Verschärfung der Sanktionspraxis, sondern in einer Anhebung des Mindestlohns, der ein Einkommen zum Auskommen garantiert.
Der Landesparteitag solidarisiert sich mit Leistungsbeziehenden und Erwerbstätigen und lehnt Kürzungen des soziokulturellen Existenzminimums ab. Statt dessen kämpfen wir für das Recht auf freie Berufs- und Stellenwahl, für eine Armut verhindernde Grundsicherung und für einen Mindestlohn, der gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht.
Die beschlossenen Sanktionsverschärfungen lehnen wir ab und fordern deren Rücknahme.
Der Landesparteitag der LINKE Bremen fordert den Senat auf:
- Eine transparente ergebnisoffene Alternativenprüfung durchzuführen und die Akteure Land Bremen, Städte Bremen und Bremerhaven, Handelskammer, Beirat Gröpelingen, Bürgerinitiative Oslebshausen, LNVG, Alstom, DB AG, Bundeseisenbahnamt, Grundstückseigentümer DB InfraGO AG und Investor zu gemeinsamen Gesprächen zu bewegen.
- Die Grundlagen für eine etwaige politisch getroffene Entscheidung, die Bahnwerkstatt mit Abstellanlage in Oslebshausen anzusiedeln, transparent offenzulegen (u.a. Einschätzung Werkstattfahrten Bremen Hbf - Bremen Inlandshafen / Reitbrake der DB Netz AG vom 27.04.2020, Gutachten zum Bahnknoten Bremen unter Berücksichtigung der Europäischen Schienen-Güterverkehrskorridore Orient-East-Med und North Sea-Baltic, Garantien zur Schaffung von Arbeitsplätzen).
1.) Der aktuelle Haushaltsentwurf des Bremer Senats für die Jahre 2024 und 2025 ist aus Sicht des Landesverbandes nicht zufriedenstellend und bedarf unbedingt weiterer Verteilungskämpfe unserer politischen Entscheider*innen auf der Bundesebene, da er reale Kürzungen bei wichtigen Zuwendungsempfänger:innen vorsieht, zu wenig Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag für die laufende Legislaturperiode umsetzt und angesichts der massiven Herausforderungen durch Arbeitslosigkeit, Armut und Klimakrise nicht ausreichend in den sozialen Zusammenhalt, in Bildung, sowie in den Klimaschutz investiert.
2.) Der Parteitag fordert Bürgerschaftsfraktion, Senatsmitglieder und Landesvorstand der Partei Die Linke in Bremen auf, die anstehenden parlamentarischen Verhandlungen zu nutzen, um substanzielle Veränderungen im Haushalt zur Umsetzung sozialer und ökologischer Politik zu erreichen.
3.) Es ist das erklärte Ziel der Koalition, die Bildungsausgaben pro Schüler*in an das Niveau der anderen Stadtstaaten anzunähern. Die bisherigen Planungen für den Bereich Bildung reichen dafür nicht aus; es besteht sogar die Gefahr eines weiteren Zurückfallens. Wir halten es für dringend geboten, bei einer etwaigen Erklärung einer außergewöhnlichen Notlage den Bereich Bildung angemessen zu berücksichtigen. Die Aufwendungen, die z.B. zur Unterrichtung und Betreuung ukrainischer Schul- und Kita-Kinder erforderlich sind, können nicht aus dem regulären Haushalt dargestellt werden. Auch die Rückschläge durch die Corona-Pandemie sind bei weitem nicht aufgeholt. Im nächsten Schritt muss ein mittelfristiger Pfad aufholender Bildungsausgaben formuliert werden, bei dem bestimmte Maßnahmen priorisiert werden, die am stärksten gegen soziale Bildungsungerechtigkeit und Fachkräftemangel wirken (z.B. Doppelbesetzung an Grundschulen, Ausbau Sprachförderung, bezahlte Ausbildungsgänge).
4.) Zuwendungsempfänger*innen und Empfänger*innen institutioneller Förderungen brauchen einen realistischen Ausgleich für gestiegene Kosten und ggf. auch für gestiegene Anforderungen. Es kann nicht angehen, dass in der Verwaltung Personal aufgebaut wird und bei freien Trägern abgebaut werden muss. Insbesondere Projekte der Jugendarbeit, der Bildungsförderung, der Frauen- und Mädchenarbeit, der Stärkung des sozialen Zusammenhalts und der quartiersnahen Arbeit sollen ihre Tätigkeit im bisherigen Umfang weiterführen können. Das muss auch in der haushaltslosen Zeit gewährleistet sein und sichergestellt werden.
5.) Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen und Initiativen sind kein Schönwetterprogramm, das in Krisenzeiten bis auf weiteres auf Eis gelegt werden kann. Im Gegenteil: Sie formulieren die Richtung, in der die Lösungen für Herausforderungen gesucht werden. Die Umsetzung der herausgehobenen Maßnahmen bleibt der Maßstab, an dem sich die Koalition messen lassen muss.
6.) Das von Senat und Bürgerschaft beschlossene Klimaschutzprogramm besteht weiter, auch wenn die ursprünglich vorgesehene Finanzierung (Rücklagen für die Fastlanes) nicht mehr funktioniert. Die Fastlanes sollen in den wesentlichen in dieser Legislaturperiode anstehenden Maßnahmen weiter umgesetzt werden, um das Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2038 weiter zu verfolgen.
Der Landesparteitag die LINKE Bremen fordert den Senat auf:
- das gesundheitsschädliche Ausmaß des dauerhaft einwirkenden Lärms und durch den Industriehafen ernstzunehmen und endlich die versprochene Entlastungs- und Kompensationsstrategie für den Bremer Westen vorzulegen.
- Darzulegen, welche Lärmquellen im Ortsteil Oslebshausen/Industriehäfen erhalten und welche reduziert sowie welche zusätzliche Lärmquellen angesiedelt und auf welche verzichtet werden soll, um innerhalb des rechtlich gegebenen Lärmbudgets nach TA Lärm (TA Lärm Immissionsrichtwerte) zu bleiben.
- Den Schrottumschlag, der im Zuge der Transformation der Stahlwerke notwendig wird nach Möglichkeit nicht in den Industriehäfen anzusiedeln, sondern zu prüfen, ob hierfür eine Fläche auf dem Betriebsgelände von Arcelor Mittal oder in unmittelbarer Nähe gefunden werden kann.
Ende Januar kündigte der AMEOS Konzern an, das Klinikum Mitte in Bremerhaven kurzfristig zum ersten Mai zu schließen. Einen Teil des Leistungsspektrums soll laut AMEOS an dessen zweiten Standort in Bremerhaven, im Klinikum am Bürgerpark, weiterbetrieben werden. Die laut AMEOS unprofitablen Fachbereiche sollen nun aber abgestoßen werden. Das betrifft auch die Kardiologie, für die das Klinikum zwar keinen Versorgungsauftrag hatte, aber die AMEOS damals noch profitabel genug ansah, um sie vor vier Jahren mit einer hohen Investitionssumme aufzubauen. AMEOS unterläuft damit nicht nur gezielt die Versorgungsplanung, sondern riskiert bewusst und fahrlässig eine zuverlässige und planbare Gesundheitsversorgung sowie die Jobsicherheit für die Menschen in Bremerhaven und im Umland, für dessen Sicherstellung AMEOS regelmäßig Investitionsmittel des Landes erhält. Das sich ähnliche Berichte von anderen Standorten des Konzerns häufen zeigt, dass AMEOS sich in erster Linie seinen Aktionär:innen verpflichtet fühlt und nicht dem Wohl seiner Patient:innen. Klar wird wieder einmal: Nur durch die Stärkung öffentlichen Kliniken kann eine zuverlässige Versorgung erreicht werden.
Um zu verhindern, dass im Rahmen der Klinik-Schließung Versorgungsengpässe
entstehen und um die Patient:innenversorgung sicherzustellen, fordern wir
- das Land Bremen und die Stadt Bremerhaven dazu auf, das kommunale Klinikum Reinkenheide und damit eine zuverlässige öffentliche Versorgung durch gezielte Investitionen zu stärken, um bspw. bei der Übernahme von Versorgungsaufträgen oder der Anwerbung von Personal aus dem Klinikum Mitte zu unterstützen.
- das Land Bremen und die Stadt Bremerhaven dazu auf, darauf hinzuwirken, dass das nicht übe nommene Personal im Zuge der Klinik-Schließung Beschäftigung im Land Bremen angeboten bekommt, dazu zählen auch Beschäftigte in sogenannten patient:innenfernen Bereichen.
- die Stadt Bremerhaven dazu auf, eine Bedarfsanalyse für Bremerhaven auf den Weg zu bringen, die aufzeigt, welche Versorgungsstrukturen (alle Versorgungsbereiche einschließend und auch Angebote zur Gesundheitsförderung und Prävention) bestehen, wo es ggf. Lücken in der Versorgung und im Zugang zur Versorgung gibt und welche Maßnahmen geeignet sind, die Versorgung bedarfsgerecht und sektorenübergreifend sicherzustellen.
- die Stadt Bremerhaven dazu auf, darauf hinzuwirken auf dem Gelände des AMEOS Klinikums Mitte oder an einem anderen geeigneten Ort ein Gesundheitszentrum (inkl. kommunalem MVZ) zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung in Bremerhaven einzurichten. Die Bedarfsanalyse soll als Grundlage für das vorzuhaltende Angebot dienen.
- das Land Bremen dazu auf, Regressforderungen in Folge der Verletzung des Versorgungsvertrags gegen den AMEOS Konzern anzustrengen.
Dieser Missstand ist aber kein Einzelfall und auch nicht spezifisch für AMEOS, sondern Ausdruck eines systematischen Problems. Mit der Öffnung der Krankenhausversorgung für die Privatwirtschaft und mit der Finanzierung der stationären Versorgung hauptsächlich über Fallpauschalen (sogenannte DRGs), die für jede Behandlung einen festen Geldbetrag vorsieht, hat der Bund ein System geschaffen, dass Profitmaximierung zu einem prägenden Faktor im System der stationären Gesundheitsversorgung beförderte. Fehlversorgung, die Privatisierung von Profiten und die Sozialisierung von Verlusten sind die Folgen dessen. Kombiniert mit einem mangelnden Ausgleich der massiven Preissteigerungen seitens der Bundesregierung hat dies zu einer ausgewachsenen Krise in der stationären Versorgung geführt. Die derzeit geplante Krankenhausreform bringt dabei nicht die dringend benötigten Änderungen mit sich. Fallpauschalen, Profitorientierung, Privatwirtschaft und ökonomischer Druck auch auf öffentliche und gemeinnützigeEinrichtungen bleiben absehbar die bestimmenden Faktoren.
Für eine nachhaltige gute Krankenhausversorgung fordern wir das Land Bremen auf,
sich auf Bundesebene einzusetzen, für
- die Einrichtung eines ausreichenden Hilfs-Fonds für Krankenhäuser, um die derzeit nicht refinanzierten Kostensteigerungen auszugleichen.
- die Abschaffung der Fallpauschalen und der Einführung einer bedarfsgerechten und auskömmlichen Krankenhausfinanzierung, in der Krankenhäuser ihre tatsächlichen Kosten für eine gute Versorgung erstattet bekommen, Gewinne und Verluste sind auszuschließen.
- einen ausreichend finanziell ausgestatteten Strukturfonds, welcher es ermöglicht Krankenhausstrukturen patient:innenorientiert, bedarfsgerecht und unter Berücksichtigung verschiedener Versorgungsformen weiterzuentwickeln.
Der Landesparteitag der Linken Bremen fordert den Landesvorstand sowie die Bürgerschaftsfraktion auf, sich aktiv für eine Senkung des Wahlalters für Beiratswahlen in Bremen von 16 Jahren auf 14 Jahren einzusetzen und auf Bürgerschafts- Landes- und erforderlichenfalls auf Bundesebene eine entsprechende Änderung des Bremischen Wahlgesetzes einzufordern.
Die Satzungskommission wird dazu aufgefordert, satzungsrechtliche Lösungen zu prüfen, die die Möglichkeit der hybriden Teilnahme von gewählten Delegierten an den Versammlungen des Landesparteitages schaffen. Dabei soll, falls eine vollwertige hybride Teilnahme für Delegierte, die an Versammlungen nicht in Präsenz teilnehmen können, parteienrechtlich nicht möglich ist, zumindest die Ermöglichung der Teilnahme mit Rederecht dringend geprüft werden. Der Landesvorstand wird aufgefordert, bei Bekanntwerden weiterer individueller Teilnahmehürden, diese in Koordination mit der Landesgeschäftsstelle nach Möglichkeit zu lösen.
Der Landesparteitag entlastet die Landesschatzmeisterin Birgit Menz.
Der Landesparteitag entlastet den Landesvorstand.