Beschlüsse des 20. Landesparteitages

An dieser Stelle dokumentieren wir die Beschlüsse des 20. Landesparteitags.

Wem gehört die Stadt?

Asylrechtsverschärfungen zurücknehmen – Abschiebungen stoppen - Bleiberecht für Alle!

Uni und Hochschulen müssen friedlich bleiben: Für eine echte Zivilklausel Gegen Kooperationen mit der Bundeswehr

Zum Volksentscheid zur Verlängerung der Legislaturperiode

Wem gehört die Stadt?

Beschluss des 20. Landesparteitages vom 6. Mai 2017

In Bremerhaven wie Bremen gerät das Recht auf Wohnen vielfach in Konflikt mit den Profitinteressen privater Investoren. In Bremerhaven werden zum Teil Immobilien in miserablem Zustand vermietet, weil Eigentümer Instandhaltungskosten sparen wollen oder auf spätere Wertsteigerungen und dann folgende teure Neuvermietung spekulieren. Die mangelnde oder nicht existente Kontrolle des Zustands von Wohnungen war neben anderen Versäumnissen auch eine Grundlage dafür, dass eine kriminelle Organisation in Bremerhaven Zugewanderte ausnutzen und ausbeuten konnte, um sich u.a. durch von der öffentlichen Hand gezahlte Mieten für Schrottimmobilien zu bereichern und Bulgar*innen ohne reguläre Beschäftigungsverhältnisse für Renovierungsarbeiten einzusetzen. DIE LINKE hat zur Aufklärung dieses Skandals zusammen mit der CDU einen Untersuchungsausschuss initiiert, den unser Bremerhavener Bürgerschaftsabgeordneter Nelson Janßen leitet. DIE LINKE fordert die Umsetzung des Wohnungsaufsichtsgesetzes von 2015, um die gefährliche Profitmacherei mit sog. Schrottimmobilien zu unterbinden. In diesem Kontext erneuern wir auch unsere Forderung, Strom- und Wassersperren zu verbieten, da sie unter Umständen lebensgefährlich sein können.

Insgesamt spitzt sich der Wohnungsmarkt im Land Bremen deutlich zu. Ende 2016 vermeldete das Statistische Bundesamt, dass in keinem anderen Bundesland die Bruttokaltmieten stärker anstiegen: von 2010 bis 2014 um knapp 14 Prozent. In zahlreichen Stadtteilen in Bremen sind Mieten und Immobilienpreise in den letzten Jahren tatsächlich rasant gestiegen. Geringverdiener*innen finden dort kaum oder gar keine bezahlbaren Wohnungen mehr, und auch Normalverdiener*innen werden vor die Wahl gestellt, entweder einen sehr großen Teil ihres Einkommens fürs Wohnen auszugeben oder in weniger zentrale Lagen auszuweichen. Der Aufkauf von schon vor Jahren privatisierten Wohnungen durch Vonovia hat eine weitere Spirale an Mieterhöhungen eingeleitet. Die Bewohner*innen von Schlichtsiedlungen werden durch geplante Abrisse aus ihren langjährigen Wohnungen verdrängt. Sie werden damit von Obdachlosigkeit bedroht, da kein annehmbarer Ersatz für sie besteht. Im Jahr 2000 gab es noch 25.000 kommunal geförderte Wohnungen, die mietpreis- und belegungsgebunden waren. Aktuell verfügt Bremen nur noch über rund 8000 Sozialwohnungen, jedes Jahr fallen gut 800 weitere Wohnungen aus der Belegbindung. Nur ein Bruchteil davon wird durch das (inzwischen in dritter Auflage bestehende) Wohnraumförderungsprogramm des Senats ersetzt – davon, zusätzlich langfristig bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist Bremen weit entfernt. Die Arbeitnehmerkammer schrieb in ihrem Bericht zur sozialen Lage 2014: „Während die Zahl der Anspruchsberechtigten in Bremen überdurchschnittlich ist, ist die Zahl der verfügbaren Sozialwohnungen deutlich unterdurchschnittlich.“ An diesem Missverhältnis hat die Wohnungspolitik des Senats nichts geändert.

Wie in vielen Großstädten ist Wohnen und die Verteilung des städtischen Raums auch in Bremen und Bremerhaven zu einer zentralen sozialen Frage geworden. Rot-Grün hat sich im Umgang mit dieser Frage für eine investorengetriebene Stadtentwicklung entschieden: Verfügbare Flächen werden meistbietend an Investoren vergeben, die dort möglichst profitable, also sehr teure Eigentums- und Mietwohnungen schaffen und (wenn sie keine 'Umgehung' wählen) zähneknirschend akzeptieren, dass sie bei größeren Projekten eine Sozialbauquote von 25 Prozent einhalten müssen – bis die bezahlbaren Wohnungen in 20 Jahren wieder aus der Preis- und Belegbindung fallen. Die Sozialbauquote bezieht sich auf die Zahl der Wohnungen, nicht auf die Fläche. Wenn der Investor auf 500 qm Wohnfläche eine 50-qm-Wohnung und drei 150-qm-Lofts baut, hat er die 25-%-Quote eingehalten – aber 90% der Fläche für Luxuswohnen reserviert und 10% für bezahlbares Wohnen. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum liefert die vermeintliche Begründung dafür, dass ein Vielfaches an Wohnfläche für den profitablen Bau teurer Wohnungen verbraucht wird. Kein Wunder, dass der Druck auf die Erschließung immer neuer Flächen steigt und steigt. Zurzeit wird die Stadt neu verteilt – zugunsten der Besserverdienenden und Vermögenden.

Die Mietpreisexplosion ist nicht vom Himmel gefallen. Im Land Bremen gibt es heute ca. 200.000 Mietwohnungen. Der Anteil kommunaler Wohnungen beträgt mit 40.000 Wohnungen nur noch etwa 20 Prozent. Vor der Privatisierung der Bremischen und der Beamtenbau betrug er noch etwa 30 Prozent. Nur ein hoher Anteil kommunaler Wohnungen kann aber dafür sorgen, dass dauerhaft genügend bezahlbare Mietwohnungen vorhanden sind. Dass die Anzahl der GEWOBA-Wohnungen derzeit trotz Neubauprojekten eher fällt als steigt, und dass die GEWOBA bislang keinerlei Erfolge beim Rückkauf privatisierter Bestände vorzuweisen hat, ist fortgesetzter Ausdruck einer falschen Politik.

In München stehen 141.000 Wohnungen unter Milieuschutz (soziale Erhaltungssatzung), d.h. Abriss, Neubau und (Luxus-)Sanierung können hier nicht ohne Genehmigung der Stadt erfolgen, um die Mieten hochzutreiben. In Berlin stehen 260.000 Wohnungen unter Milieuschutz, das sind 18% aller Mietwohnungen. In Bremen gibt es dagegen keine einzige Milieuschutzsatzung. Der Bremer Senat schützt per Erhaltungssatzung Fassaden und Optik – aber nicht die Interessen der Mieter*innen. Mit den Bauflächen, die die städtische Immobiliengesellschaft IB und die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) ohne echte politische Kontrolle unter dem primären Ziel der Einnahmemaximierung verkaufen, verliert Bremen die Fähigkeit, seine Stadtentwicklung selbst und demokratisch zu gestalten. Wenn schnell Unterkünfte für Geflüchtete gebraucht werden, Kitas oder Schulen gebaut werden müssen, macht sich dieser Mangel an Flächen und damit öffentlichen Handlungsoptionen schmerzlich bemerkbar.

Während Bauflächen reihenweise für die Bebauung mit teuren Wohnungen vergeben werden, muss der Mangel an bezahlbarem Wohnraum gleichzeitig als Argument für die Bebauung von Grünflächen herhalten (siehe Rennbahngelände sowie die Debatten über die Ochtum-Niederung bei Brokhuchting, die Osterholzer Feldmark oder Kleingartengebiete) – auf denen dann wieder zu 75 Prozent Wohnungen entstehen, die sich nur wenige leisten können, und die das Preisgefüge auch im Bestand weiter nach oben treiben. Wenn Investoren zentrale Flächen brachliegen lassen, wie beispielsweise das Güldenhaus-Areal in der Neustadt sowie Könecke und Coca-Cola-Gelände in Hemelingen, schaut der Senat zu, statt seine gesetzlichen Möglichkeiten bis hin zur Enteignung zu nutzen, um eine sinnvolle Nutzung des städtischen Raums zu organisieren.

Ein Politikwechsel in der Stadtentwicklung bedeutet für uns:

- Kein Verkauf von Bauland für Wohnungen an profitorientierte Investoren, Vergabe nur noch nach Konzeptverfahren, also nach sozialen und ökologischen Kriterien, statt gemäß Höchstpreisgebot! Gute Architektur und innovative Nutzungskonzepte dürfen nicht ständig daran scheitern, dass sich mit schlechter Architektur und traditionellen Nutzungen mehr Profit aus der Fläche schlagen lässt. Um Bodenspekulation zu stoppen und öffentlichen Einfluss zu sichern, werden für öffentliche Baugrundstücke nur noch Erbbaurechte vergeben, so dass diese in städtischem Eigentum verbleiben – bevorzugt an die GEWOBA, Genossenschaften und Baugemeinschaften, die dauerhaft bezahlbaren Wohnraum schaffen.

- Schrottimmobilien enteignen: Wohnraum, der in der Hoffnung auf steigende Immobilienpreise leer steht oder nicht saniert wird, muss enteignet und saniert werden, die Mieter*innen sollen bleiben bzw., wenn das nicht zumutbar ist, nach der Sanierung ein Rückkehrrecht erhalten. Außerdem wollen wir die Legalisierung von Wohnraum-Besetzungen bei spekulativem Leerstand.

- Neubau bezahlbar machen: Ähnlich wie im „Münchener Modell“ muss die Stadt ihren Einfluss nutzen, nicht nur im klassischen sozialen Wohnungsbau, sondern für alle Neubauten die Mietpreise durch vertragliche Vorgaben bei der Grundstücksvergabe zu senken. Die Mietpreisbremse der im Bund regierenden CDU-SPD-Koalition hat sich als wirkungslos erwiesen. Unzulässige Mieterhöhungen müssen stärker kontrolliert und sanktioniert werden. Wir brauchen bundesgesetzliche Regelungen, die einen Mietpreisstopp in Stadtteilen ermöglichen, die besonders von Aufwertung und der damit verbundenen sozialen Verdrängung betroffen sind. Auch bestehende Instrumente wie soziale Erhaltungssatzungen, mit denen Luxussanierungen versagt werden können, und eine stärkere Förderung von Investitionen am erhaltenswerten Gebäudebestand zwecks Umbau und Ausbau müssen stärker eingesetzt werden.

- Energetische Sanierung ist vielerorts überfällig, darf aber nicht zur Verdrängung führen. Die Regelungen zur Übernahme der Kosten der Unterkunft müssen überarbeitet werden, damit klimapolitisch wichtige energetische Sanierung nicht zur Überschreitung der sog. angemessenen Kaltmiete führt, die vom Jobcenter übernommen wird.

 - Für ein bedarfsgerechtes kommunales Wohnungsbauprogramm: Bremen braucht mindestens 5000 neue kommunale Wohnungen! Die Stadtgemeinde muss sich direkten Einfluss auf das Agieren der GEWOBA sichern, die einen relevanten Teil des notwendigen Neubaus leisten soll. Die Aktiengesellschaft GEWOBA muss wieder zu 100 Prozent in öffentliche Hand. Statt Gewinne an Anteilseigner abzuführen, müssen potenzielle Überschüsse für sozialen Wohnungsbau und Quartiersentwicklung eingesetzt werden. Vormalig privatisierte kommunale Wohnungen müssen rekommunalisiert, die gesamte städtische Wohnraumversorgung muss wieder nach gemeinwohlorientierten Grundsätzen ausgerichtet werden. Aber auch der Bund sollte eine stärkere Verantwortung für die Wohnungspolitik in den Städten übernehmen, daher wollen wir uns auch auf Bundesebene für einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der Wohnungspolitik von privater Renditeerwirtschaftung zu öffentlicher Daseinsvorsorge einsetzen.

 - Spekulation unterbinden, Stadtentwicklung demokratisieren: Was mit zentralen Grundstücken passiert, darf nicht von Profitaussichten und Gutdünken einzelner Investoren abhängen. Der Senat muss konsequent von Vorkaufsrechten und ggf. Enteignungen Gebrauch machen, um leere Flächen für den Bau bezahlbarer Wohnungen sowie dringend benötigte öffentliche Infrastruktur wie Schulen, Kitas und Stadtteilkultur zu nutzen. Für das Gelände des Kellogg's-Werks, von Könecke und Coca-Cola muss die Stadt sofort Vorkaufsrechte beschließen. Wenn die Stadt Entwicklungssatzungen einsetzt, wie sie jetzt für das Kellogg-Areal diskutiert werden, können private Eigentümer die Neuentwicklung eines Gebiets nicht blockieren. Die Kosten für die notwendige Infrastruktur, etwa Schul- und Kitabau, können zudem auf die bisherigen Flächeneigentümer umgelegt werden (als Abzug vom Spekulationsgewinn durch den steigenden Bodenwert). Es ist unverständlich, warum von solchen Instrumenten nicht auch an anderer Stelle längst Gebrauch gemacht wird. – Bremen braucht Zielzahlen nicht nur für den Anteil kommunaler Wohnungen, sondern auch für den Anteil kommunaler Flächen in jedem Stadtteil. Anders werden in Zukunft immer öfter notwendige Schulen, Kitas und Wohnheime nicht mehr wohnortnah unterzubringen sein. Hierfür müssen auch Flächen und Immobilien angekauft werden – oder per Entwicklungssatzung in Anspruch genommen werden.

 - Wohnen ist Menschenrecht für alle: Gerade für Gruppen, die auf dem Wohnungsmarkt benachteiligt sind, muss durch kommunale Aktivität besser gesorgt werden. Alleinerziehende zahlen derzeit besonders häufig bei den Kosten der Unterkunft drauf. Gleichzeitig haben sie beim Wettbewerb um bezahlbare Wohnungen schlechte Chancen. Der Senat muss gegenüber dem Jobcenter durchsetzen, dass entsprechende Gründe für das Überschreiten von Mietobergrenzen tatsächlich anerkannt werden; und gegenüber den Wohnungsbaugesellschaften durchsetzen, dass geeignete Wohnungen gebaut und Kontingente für Alleinerziehende vorgehalten werden. – Auch für Menschen und Familien, die lieber „einfach wohnen“ als sich dem Jobcenter zu unterwerfen, oder die im typischen Geschosswohnbau nicht wohnen können oder wollen, muss es weiterhin Angebote geben. 6,50 Euro pro qm darf nicht die neue Untergrenze sein, es muss weiterhin auch günstigere Angebote geben. Die wenigen noch verbliebenen „Schlichtwohnungen“ dürfen nicht plattgemacht werden. – Zuwanderer-Familien mit mehr als 4 Personen finden häufig keine Wohnungen, weil große Wohnungen im bezahlbaren Bereich knapp sind. Auch hierfür müssen Kontingente bei den Wohnungsbaugesellschaften erreicht werden. – Zuwanderer aus osteuropäischen EU-Staaten, die ihre Arbeit verlieren oder aktuell keine finden, dürfen nicht zum Schlafen auf die Straße geschickt werden. Sie müssen zumindest für eine Übergangszeit menschenwürdige Wohnmöglichkeiten zur Verfügung gestellt bekommen – das Wohnungsrecht und die Möglichkeiten nach dem OPR gelten für alle

 - Die Stadt handlungsfähig machen!: Der Senat muss (wieder) ausreichende Planungskapazitäten aufbauen, um selbst im Dialog mit der Öffentlichkeit Stadtentwicklung zu organisieren, und dies nicht länger Investoren zu überlassen. Es sollen architektonisch ansprechende Wohnungen für verschiedene Lebensmodelle sowie Menschen in besonderen Lebenslagen entstehen. Dem überholten Modell der Autostadt stellen wir das Konzept einer ökologischen und sozial gerechten Mobilität für alle entgegen. Wir brauchen einen kostenlosen Nahverkehr mit Bus und Bahn, die Taktzeiten müssen stark verbessert werden. Bremerhaven braucht die Wiedereinführung der Straßenbahn. Bremen-Nord muss besser ans Zentrum angebunden werden. Angesichts zunehmender städtebaulicher Verdichtung muss eine Neuordnung von Autostellplätzen im öffentlichen Raum erfolgen, um den Platzverbrauch durch parkende Autos zu verringern und die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum wieder zu verbessern. Zudem sollten alternative Mobilitätskonzepte wie Car-Sharing und Fahrrad-Verleihsysteme stärker gefördert werden.

Wohnen ist mehr als ein Dach überm Kopf: Es reicht nicht, mehr oder weniger ansprechende Kästen auf freie Flächen zu setzen. Gefordert ist eine integrierte Stadtentwicklung. Schon jetzt tragen gerade die sozial benachteiligten Stadtteile den Hauptteil der Neuzuwanderung und damit den überwiegenden Teil der Herausforderungen, die sich daraus für Kitas, Schulen und soziale Integration ergeben. Kitas und Schulen in diesen Stadtteilen müssen besser sein als anderswo. Sie müssen besser ausgestattet werden als andere, und Raum für neue pädagogische Konzepte haben. Die Sonderprogramme zur Integration Geflüchteter dürfen nicht auslaufen, sondern müssen verstetigt werden. Sprach- und Kulturmittler, Mehrsprachigkeit als Normalität in Behörden und Ämtern, Begegnungsräume und Begegnungsprojekte sind erforderlich. Die Sozialräumlichkeit der Beschäftigungspolitik muss wieder gestärkt und ausgebaut werden

DIE LINKE als Motor eines Politikwechsels

Nicht nur in der Stadtentwicklung hat die Politik des Senats weitgehend vor der Haushaltsnotlage kapituliert. Der Landesrechnungshof musste den Senat schon darauf hinweisen, dass es sich nicht lohnt, an der Instandhaltung von Gebäuden und Infrastrukturen zu sparen, weil deren fortschreitender Verfall hohe Folgekosten nach sich zieht – zu weit höheren „Zinssätzen“, als eine kreditfinanzierte Sanierung mit sich bringen würde. Ein Politikwechsel nach links mit entschiedenen Investitionen in die öffentliche und soziale Infrastruktur Bremerhavens und Bremens, in kostenfreie Bildung von der Kita bis zur Hochschule, eine soziale und ökologische Entwicklung von Stadtraum und Mobilität ist gegen das Auftürmen sozialer Schulden und Ungleichheiten dringend nötig.

So lange wir die einzige Kraft in der Bremischen Bürgerschaft wie auch der Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven sind, die einen solchen Politikwechsel anstrebt, ist es auch unsere Aufgabe, ihn gemeinsam mit Bündnispartner*innen aus der Gesellschaft weiter inhaltlich auszuarbeiten, in den einzelnen Politikfeldern mit konkreten Vorschlägen zu unterlegen und auf den Straßen, in den Stadtteilen, mit Gewerkschaften und Initiativen für gesellschaftliche Mehrheiten zu kämpfen. Diese Arbeit haben wir mit den im Herbst 2016 beschlossenen Foren für einen Politikwechsel begonnen, die wir bis zur Erstellung des Wahlprogramms für die Bürgerschaftswahlen 2019 fortsetzen werden. Einen Politikwechsel auf Landesebene bekommen wir nicht geschenkt – wir warten nicht auf andere, damit er passiert.

Nur für einen solchen Politikwechsel sind wir bereit, in eine Landesregierung einzutreten - darunter nicht. An Hebeln und Instrumenten für ein sozialeres, sozial-ökologisches Bremen und Bremerhaven arbeiten wir seit Jahren konstant. Diesen Prozess werden wir geschlossen und kooperativ fortsetzen, immer unter der Maßgabe, Mehrheiten für echte Verbesserungen zu gewinnen. Für die Fortsetzung einer Politik, die die Handlungsfähigkeit des Öffentlichen durch Personalabbau und Kürzungen massiv beschädigt hat, stehen wir auch bei kosmetischen Korrekturen nicht zur Verfügung. Wir bekräftigen die im Parteiprogramm auf Bundesebene beschlossenen Haltelinien:
„An einer Regierung, die Kriege führt und Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland zulässt, die Aufrüstung und Militarisierung vorantreibt, die Privatisierungen der Daseinsvorsorge oder Sozialabbau betreibt, deren Politik die Aufgabenerfüllung des Öffentlichen Dienstes verschlechtert, werden wir uns nicht beteiligen.”

Dabei gilt auch in Zukunft, dass das Land nicht nur seinen gegebenen Handlungsspielraum ausnutzen, sondern neue Offensiven und Perspektiven erarbeiten muss, um die dringenden sozialen Probleme zu bearbeiten. Dazu muss zum Beispiel die Bremen-spezifische Verschärfung der Schuldenbremse gekippt werden, die ohne Not die Möglichkeiten des Landes weiter einschränkt als die ebenfalls abzulehnende bundesweite Schuldenbremse im Grundgesetz vorgibt.

„Projekt 600“: Mehr werden und in Aktion treten

Unsere Ziele sind ambitioniert, und wir müssen noch stärker, aktions- und kampagnenfähiger werden, um sie umzusetzen. Gerade im Bundestagswahlkampf werden wir weiter um neue Mitglieder werben und Neumitglieder und Interessierte in die Parteiarbeit einladen und einbinden. Wir bekräftigen unser Ziel, bis zur Bürgerschaftswahl 2019 auf 600 Mitglieder zu wachsen („Projekt 600“). Über 25 Neueintritte in den ersten drei Monaten des Jahres zeigen, dass wir dieses Ziel erreichen können.

Der Landesparteitag der LINKEN. Bremen

- ruft den Landesverband, die Kreisverbände, alle AGs und die Abgeordneten dazu auf, bei allen öffentlichen Veranstaltungen für die Mitgliedschaft in der LINKEN zu werben. Wir alle können verstärkt Gelegenheiten nutzen, in unserem Umfeld für die Mitgliedschaft in der LINKEN zu werben.

- beauftragt Landesvorstand und Kreisvorstände, mindestens zweimal jährlich gemeinsam die Mitgliederentwicklung zu besprechen und ggf. weitere Initiativen zu beschließen.

- unterstützt das Vorhaben des Landesvorstands, ein Pat*innenprogramm für Neumitglieder zu entwickeln. Damit soll sichergestellt werden, dass jedes neue Mitglied eine Ansprechperson bekommt, die Fragen beantwortet und das neue Mitglied aktiv zu Aktionen und Veranstaltungen einlädt.

-beauftragt den Landesvorstand den wohnungspolitischen Teil diesesBeschlusses, ggf. redaktionell überarbeitet, gesondert zu veröffentlichen und zu verbreiten;

-beauftragt den Landesvorstand,  sich für einen Bürgerantrag zum Thema „Kein Verkauf kommunaler Flächen an private Investoren mehr!“ einzusetzen, d.h. dafür bei geeigneten Bündnispartnern aktiv zu werden oder ggf. selbst einen solchen Bürgerantrag zu verfassen, für den bereits im Umfeld des Bundestagswahlkampfs Unterschriften gesammelt werden können.

Asylrechtsverschärfungen zurücknehmen – Abschiebungen stoppen - Bleiberecht für Alle!

Beschluss des 20. Landesparteitages vom 6, Mai 2017

Im sogenannten „Sommer der Migration“ 2015 gelang es erstmals einem wahrnehmbaren Teil der weltweit 65 Millionen Schutzsuchenden, Zentraleuropa zu erreichen. In Deutschland suchten im vergangenen Jahr 890 Tausend Menschen Schutz vor Krieg, Verfolgung, Diskriminierung und Existenznot. Dieses Bevölkerungswachstum erschien rasant und stieß auf überforderte, weil kaputtgesparte Bildungssysteme und Sozialinfrastruktur. Vor dem Hintergrund, dass Deutschland als viertgrößte Volkswirtschaft nicht zu den Hauptaufnahme-ländern gehört und sich der ganz überwiegende Teil der Flüchtenden nach wie vor in Schwellenländern aufhält, relativiert sich dieses Bild der „Überforderung“ jedoch. Ungeachtet dessen haben viele Tausende Menschen - auch in Bremen - ehrenamtlich und hoch engagiert an den Stellen geholfen, wo der Sozialstaat versagte. Diesem Akt der praktischen Solidarität gebührt großer Respekt und Dank.

Die Welle der Solidarität hat sich in der Regel nicht laut geäußert und politisch organisiert, sondern unter hohem Handlungs- und Improvisationsdruck alltägliche Aufgaben geleistet. Die auf diese konkrete Hilfe angewiesene Bundesregierung hat währenddessen nur sehr begrenzt solidarische Maßnahmen organisiert, verstärkt jedoch die rassistische Hetze von rechts aufgegriffen und eine Asylrechtsverschärfung nach der nächsten auf den Weg gebracht.

Insbesondere die Einstufung der sechs Balkanländer als angeblich „sicher“ hat die verbliebenen Reste des verfassungsmäßig garantierten Rechts auf Asyl weitestgehend ausgehöhlt. Eine Schutzwürdigkeit wird Menschen aus diesen Ländern pauschal abgesprochen - eine absolute Farce angesichts systematischer Diskriminierung von ethnischen Minderheiten. In allen Balkanländern wird Roma überproportional oft der Zugang zur Schule oder zu Arbeit verwehrt - mit eklatanten Folgen. In Serbien haben beispielsweise 66% der Roma keinen Zugang zu Medikamenten und sind damit doppelt so stark von gesundheitlicher Unterversorgung betroffen wie die serbische Mehrheitsgesellschaft. 67% der Roma in Serbien leiden an Unterernährung. Fast jede*r zweite Roma lebt in Elendsvierteln ohne Sanitäreinrichtungen, Kanalisation, Stromversorgung oder Heizung.

Weitere Verschärfungen des Asyl- und Aufenthaltsrechts wie die Abschaffung von Geldleistungen für Schutzsuchende aus den sogenannten sicheren Herkunftsstaaten, die Verpflichtung, in der Erstaufnahmeeinrichtung wohnen zu bleiben, komplettes Arbeitsverbot und Verweigerung von Integrationsmaßnahmen setzen die Politik des Ausschlusses hier fort.

Neu ankommende Asylsuchende aus den Balkanländern erhalten auf diese Weise quasi keinen Schutz mehr vor ethnischer Verfolgung. Aber auch der Status von bereits hier lebenden Menschen ist prekärer geworden. Psychische Erkrankungen werden nicht mehr als gesundheitliches Abschiebehindernis anerkannt, obwohl 40% der psychisch Erkrankten bereits Suizidversuche oder -gedanken hinter sich haben und in den Balkanländern medizinische oder therapeutische Versorgung nicht gewährleistet ist. 

In der Folge nehmen auch in Bremen die Abschiebungen wieder zu. Fast die Hälfte aller innerhalb des letzten Jahres (auch aufgrund des ausgehöhlten Asylrechts) abgelehnten Asylbewerber*innen wurden gezwungen, wieder auszureisen, mit direktem physischem Zwang einer Abschiebung oder unter dem Druck einer drohenden Abschiebung „freiwillig“.

Vor wenigen Wochen wurde eine dreiköpfige Roma-Familie aus Bremen nach Serbien abgeschoben, obwohl die Mutter suizidgefährdet und stationär behandelt worden war. Die Ausländerbehörde hat gesundheitliche Schäden in Kauf genommen und die Abschiebung schnellstmöglich vollzogen.

Wir sprechen uns grundsätzlich gegen Abschiebungen und Abschiebehaft aus.

Wir fordern einen generellen Abschiebestopp. Die Abschiebungen von ethnisch verfolgten Minderheiten, Abschiebungen in systematische Existenznot oder individuelle Gefährdung sind in jedem Fall absolut inakzeptabel. Statt Abschottung, Illegalisierung und Abschiebungen braucht es Schutz und sichere Aufenthalte für alle, nicht nur für einige. Denn: Wer flüchtet schon freiwillig?

Uni und Hochschulen müssen friedlich bleiben: Für eine echte Zivilklausel Gegen Kooperationen mit der Bundeswehr

Beschluss des 20. Landesparteitages vom 6.Mai 2017

Die Universität Bremen hat sich im Jahr 1986 eine Zivilklausel gegeben und sich damit der friedlichen Forschung und Lehre verschrieben. So soll Forschung und Lehre keine Projekte unterstützen, die eine militärische Zielsetzung oder einen militärischen Nutzen haben. Trotz der Zivilklausel kamen in der Vergangenheit immer wieder militärische Forschungsprojekte ans Licht, beispielsweise mit dem Bundesverteidigungsministerium. Daraufhin wurde die Zivilklausel im Jahr 2012 erneuert und auch die Hochschule Bremen und die Hochschule Bremerhaven  gaben sich eine eigene Zivilklausel. Im Mai 2015 konnte die Zivilklausel auf Druck der Linksfraktion sogar im Bremischen Hochschulgesetz verankert werden.

Die aktuelle Debatten zeigen allerdings erneut, dass um die Anwendung der Zivilklausel weiterhin hart gerungen werden muss und es breiten gesellschaftlichen Widerstand gegen militärische Akteure an Uni und Hochschulen braucht, damit die die Zivilklauseln nicht ausgehöhlt werden.

Die Bundeswehr verstärkt aktuell ihre Rekrutierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen und wirbt massiv um neues Personal. Dabei drängt die Armee auch immer stärker in Schulen und Hochschulen. Hintergrund sind die weggefallene Wehrpflicht, eine Strukturreform der Armee hin zu mehr Auslandseinsätzen und wenig attraktive Beschäftigungsverhältnisse. Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages stellt im aktuellen Jahresbericht fest: „Die Bundeswehr hat trotz intensiver Anstrengungen bei der Personalgewinnung erhebliche bis alarmierende Personalprobleme in einigen Verwendungsbereichen und Laufbahnen“. An der Hochschule Bremen wird im Wintersemester 2016/17 der internationale Frauen-Studiengang Informatik auch als dualer Studiengang eingerichtet, bei dem die Bundeswehr als Kooperationspartner und Geldgeber beteiligt wird. Nicht die Hochschule, sondern die Armee entscheidet dann über die Vergabe dieser dualen Studienplätze. Geplant ist die Ausbildung von IT-Fachkräften für die Bundeswehrverwaltung, die dann in internationalen Einrichtungen der Rüstungskooperation eingesetzt werden und für die Beschaffung von Wehrtechnik verantwortlich sind. Die InformatikerInnen werden aber auch im Feld ‚Digitalisierung‘ im Rahmen der neuen ‚Cyber-Strategie‘ der Streitkräfte eingesetzt.

Das Land Bremen hat eine gesetzliche Zivilklausel, die in § 4 des Hochschulgesetzes vorschreibt:

„Die Hochschulen verfolgen in Forschung, Lehre und Studium ausschließlich friedliche Zwecke. Die den Hochschulen vom Land und von Dritten zur Verfügung gestellten Mittel sollen ausschließlich für Vorhaben verwendet werden, die diesen Zwecken dienen.“

Diese Zivilklausel wird durch die Kooperation mit der Bundeswehr beispiellos untergraben. DIE LINKE Bremen wendet sich entschieden gegen die Verharmlosung der Bundeswehr als friedlichen oder zivilen Partner, wie sie von Vertreter*innen der rot-grünen Koalition vorgetragen worden ist. Für uns ist klar: Nein, die Bundeswehr ist nicht friedlich oder zivil. Die Bundeswehr ist eine Armee, sie ist ihrem Wesen nach militärisch und wird aktuell immer stärker auf globale Interventionen und aggressive Auslandseinsätze ausgerichtet. Deshalb sieht DIE LINKE Bremen in der Kooperation zwischen Hochschule Bremen und der Bundeswehr einen eindeutigen Verstoß gegen die Zivilklausel. Diese Kooperation muss umgehend beendet werden!

Wir wollen keine Zivilklausel die als Feigenblatt dient und in der Praxis bis zur Unkenntlichkeit ausgehöhlt wird. Wir wollen eine Zivilklausel, die wirkt und Bundeswehr und Rüstungsindustrie den Zugang zu Hochschulen versperrt.

DIE LINKE Bremen fordert deshalb:

Die konsequente Anwendung der Zivilklausel, sodass in Forschung und Lehre nur mit Partnern zusammengearbeitet wird, die ausschließlich friedliche Zwecke verfolgen. Kooperationen mit Rüstungsindustrie oder dem Bundesverteidigungsministerium müssen definitiv ausgeschlossen werden.

Die Einrichtung von Gremien an den Hochschulen, die die Einhaltung der Zivilklausel kontrolliert und in der die verschiedenen Statusgruppen der Hochschulen gleichberechtigt vertreten sind.

Friedenspolitische Forschungs-, Lehr- und Lernkonzepte zu entwickeln, die gewaltfreie Konfliktlösungen und Abrüstung thematisieren.

Zum Volksentscheid zur Verlängerung der Legislaturperiode

Beschluss des 20. Landesparteitages vom 6. Mai 2017

Der 18. Landesparteitag hat am 23.04.2016 beschossen, einen Volksentscheid über eine mögliche Verlängerung der Wahlperiode mitzutragen, sich dabei aber für eine Beibehaltung der vierjährigen Wahlperiode auszusprechen. Inzwischen ist mit der Drucksachennummer 19/1012 ein gemeinsamer Antrag aller in der Bürgerschaft vertretenen Fraktionen zur Einleitung des Volksentscheides eingereicht worden, der in der nächsten Landtagssitzung debattiert wird. Der Landesparteitagsbeschluss ist in dem gemeinsamen Antrag eingegangen:

„Gleichzeitig sind Wahlen Kernstück einer parlamentarischen Demokratie und dürfen nicht als lästige Unterbrechung des eigentlichen politischen Geschäfts betrachtet werden. Wahlen stellen faktisch für viele Menschen eine der wenigen direkten Beteiligungsformen dar. Die Verlängerung von 4- auf 5-Jahresintervalle verringert diese Möglichkeit über die Zeit und ist daher auch unter den in der Bürgerschaft vertretenen Fraktionen umstritten. Um den Berechtigten selbst die Entscheidung zu überlassen, soll diese Änderung der Landesverfassung nur erfolgen, wenn die wahlberechtigte Bevölkerung dafür ausgesprochen hat. Dafür soll das Mittel des Volksentscheids herangezogen werden.“

Der Volksentscheid soll zeitgleich mit der Bundestagswahl am 24.09.2017 durchgeführt werden. Mit der Einleitung des Volksentscheides wird eine Publikation herausgegeben, in welcher die Positionen der in der Bürgerschaft vertretenen Fraktionen veröffentlicht werden.

Der Landesparteitag fordert den Landesvorstand und die Bürgerschaftsfraktion auf, eine Kampagne zu entwickeln, die sich für die Beibehaltung der vierjährigen Legislaturperiode ausspricht. Diese Kampagne wird parallel zur Bundestagswahl vom Landesverband umgesetzt.