LINKE bestürzt über Häufung von mutmaßlichen Femiziden in Bremen und dem Bremer Umland

In den vergangenen zwei Wochen gab es in Bremen und dem Bremer Umland vermehrt Meldungen von getöteten Frauen. In Verden wurde eine Frau von ihrem Partner erstochen, in Barenburg wurde eine 17-Jährige von einem Mann erstochen. Der gleiche Täter griff wenige Tage später eine 30-Jährige in Sulingen mit einem Messer an. Die Frau überlebte schwer verletzt. In Bremen-Walle stach ein Mann auf seine Ehefrau mit einem Messer ein und verletzte sie schwer.

Schon im März tötete ein Mann seine Ehefrau in Bremen-Farge und im April wurde eine Frau im Bremer Viertel tot aufgefunden, ein 44-Jähriger wird verdächtigt sie getötet zu haben.

Anna Fischer, Landessprecherin DIE LINKE Bremen und Sofia Heuser, Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft ‚Linker Feminismus Bremen‘ der LINKEN Bremen äußern sich zu den Femiziden, notwendigen Maßnahmen, sowie dem gesellschaftlichen Umgang mit den Fällen.

Sofia Heuser kommentiert die Häufung der Fälle geöteter Frauen: "Die Häufung dieser Fälle in den letzten Wochen ist bestürzend. Bundesweit wird jeden dritten Tag eine Frau von einem Partner oder Ex-Partner getötet. Diese Fälle gehören zu Femiziden, also Morden an Frauen, weil sie Frauen sind. Auch die Morde in Barenburg und Sulingen betrafen Frauen, die, soweit öffentlich bekannt, als einziges gemeinsames Merkmal haben, dass sie Frauen sind. Und Femizide, die tatsächlich in Tötungen enden, sind nur die absolute Eskalation - auf jede tote Frau kommen drei versuchte Tötungen und viele andere Formen patriarchaler Gewalt. Es ist brutal, fast jeden Tag in der Zeitung von getöteten Frauen oder von Gewalt gegen Frauen zu lesen."

In Deutschland gibt es keine offizielle Definition von Femiziden, etwa zur Erstellung von Statistiken oder als Straftatbestand. In einem vorliegenden Gesetzentwurf der Ampel wird lediglich ein geschlechtsspezifisches Motiv als Kategorie für die Strafzumessung ergänzt. Anna Fischer dazu: "Es ist höchst problematisch, dass es kein systematisches Monitoring der Kriminalstatistik auf Bundesebene von versuchten und vollzogenen Femiziden gibt. Die zögerliche Haltung der Bundesregierung gegenüber einer systematischen Strategie gegen Femizide, angefangen mit einer offiziellen Definition und Erfassung dieser Fälle, bremst eine effektive Bekämpfung."

Heuser fügt hinzu: "So lange es auf der Bundesebene kein Monitoring für Femizide gibt, sollte Bremen prüfen, inwiefern auf Landesebene eine entsprechende Statistik erhoben werden kann. Ansatzpunkte aus dem Landesaktionsplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention wie dem Hochrisiko-Management der Polizei zur Erkennung von Hochrisikofällen oder stadtteilbezogene Präventionsmaßnahmen (Stadtteile ohne Partnergewalt) müssen im Haushalt unbedingt ausfinanziert werden."

Fischerbezieht sich noch einmal auf die gesellschaftliche Dimension: "Es ist furchtbar, wenn Frauen sich in ihrem eigenen Zuhause nicht sicher fühlen können und statistisch gesehen, der gefährlichste Ort für eine Frau ihr eigenes Zuhause ist. Es hat in den letzten Jahren in diesem Bereich eine teilweise Sensibilisierung stattgefunden und wir lesen weniger oft von bagatellisierenden Beschreibungen wie 'Familien-Drama' oder 'Eifersuchtstat'. Trotzdem fehlt auch weiterhin oft eine Kontextualisierung: Femizide und andere Formen patriarchaler Gewalt geschehen nicht im luftleeren Raum, sie sind Teil eines gesellschaftlichen Verständnis, in dem Männer Besitzansprüche auf Frauen erheben und diese im Zweifelsfall versuchen mit Gewalt durchzusetzen. Diese Dimensionen der Gewalt fallen oft unter den Tisch und Berichterstattung über ermordete Frauen und anschließende Gerichtsverfahren nimmt anstattdessen teilweise voyeuristische Züge an. Wir sehen an dieser Stelle noch deutlichen Nachholbedarf im Sinne der Sensibilisierung für patriarchale Gewalt."

In Hamburg findet am kommenden Sonntag eine Konferenz der Hamburger Linksfraktion zu dem Thema statt. "Auch über die Kriminalstatistik hinaus braucht es eine Politisierung der Fälle, wobei die Femizide im Kontext einer Gesellschaft betrachtet werden, die für Frauen jeden Tag gefährlich ist. Deshalb begrüßen wir, dass die Hamburger Linksfraktion am Sonntag eine Konferenz unter dem Titel "Sexismus tötet. Konferenz gegen Sexismus und patriarchale Strukturen" ausrichtet. Dort kommen Expertisen aus Politik und Wissenschaft, aber auch zivilgesellschaftliche Akteur*innen zusammen und entwickeln Strategien zur Verhinderung und Politisierung von Femiziden im Land Hamburg. Daran wollen wir uns beteiligen, um uns auch für Bremen ein Beispiel zu nehmen", so Heuser.