8. März: Feministischer Kampftag

Zum feministischen Kampftag 2024 erklären Anna Fischer (Landessprecherin Die Linke Bremen) und Doris Achelwilm (stellvertretende Landessprecherin Die Linke Bremen):

Der Weltfrauentag hat sich in seiner über 100-jährigen Geschichte verändert, wie auch Gesellschaft sich verändert hat. Entgegen aller Umbrüche geblieben ist, dass Gleichstellung und Befreiung der Geschlechter nur schrittweise vorankommen. Teils fällt Erreichtes durch patriarchale Reaktionen auf Fortschritt und Unsicherheit wieder zurück.

Die alte Forderung „Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit“ ist aktuell. Die Berichte zum Equal Pay Day vom 6. März zeigen, dass die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen bei statistischen 18 Prozent verharrt. Ein nötiger Paradigmenwandel in Wirtschafts- und Sozialpolitik für echte Geschlechtergerechtigkeit ist nicht in Sicht. Die angemessene Bezahlung von „Frauenberufen“ wie z.B. der Pflege muss weiterhin erkämpft werden. Die ungleiche Situation, dass sich überwiegend Frauen für Familienaufgaben beruflich zurücknehmen, in Teilzeitfallen oder Mini-Jobs stecken oder Ausbildungs- und Berufswege aufgeben müssen, hat sich auch nach den Debatten der Corona-Jahre zu wenig verändert. Mit weitreichenden Konsequenzen für die individuelle Unabhängigkeit und Rente von Frauen.

Die nötigen Gegenmaßnahmen sind bekannt. Eine gerechte Kindergrundsicherung statt Ehegattensplitting etwa. Aktiveres Eintreten von Politik für Alleinerziehende. Wir hoffen auf die EU-Richtlinie für mehr Entgeltgerechtigkeit und ihr Verbandsklagerecht, damit Betroffene von Lohndiskriminierung sich stärker wehren können. Gleichzeitig braucht es mehr: ein echtes Umdenken und Umverteilen von Zeit, Geld, Aufgaben, Rollenmustern, Macht. Für einen universellen Feminismus, dem es um die Rechte aller Frauen geht, die strukturell unterdrückt oder benachteiligt werden. Für einen antifaschistischen Feminismus, denn Rechtsruck bedeutet immer auch Sexismus, Rassismus, digitale Gewalt, die Retraditionalisierung von Frauen, Queerfeindlichkeit.

Der Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt hat viel mit ökonomischer Unabhängigkeit zu tun. Wir fordern an der Seite unserer Frauensenatorin die Stärkung von Hilfssystemen, die Gewaltprävention vorantreiben sowie unmittelbar greifen, wenn es zu Gewalt gekommen ist, um Betroffene aufzufangen und zu stützen. Es ist nicht einsehbar, dass öffentliche Sparhaushalte so aufgestellt werden, dass die Finanzierung nötiger Frauenhäuser und Beratungsstellen wackelt. Zur Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt und Femiziden sind politische Prioritäten und Geld erforderlich. Auch braucht es aufholende Forschung und Entwicklung sowie mehr adäquate Kassenleistungen im Bereich der Frauen- und Queergesundheit. Die Rahmenbedingungen, um selbstbestimmte Schwangerschaftsabbrüche abzusichern, müssen besser werden. Dazu gehört nicht zuletzt die überfällige Abschaffung des Strafrechtsparagrafen 218.

International sind unsere Gedanken am 8. März bei allen Frauen und queeren Menschen, die unter den Kriegen der Welt leiden und ihnen zum Opfer fallen. Es sind vor allem Frauen, die stellvertretend für eine Nation, Religionsgemeinschaft oder Gruppe von gegnerischen Aggressoren demonstrativ misshandelt, getötet, vergewaltigt, gedemütigt werden. Es bleibt Aufgabe, nicht wegzuschauen, sondern Solidarität zu zeigen, patriarchale Herrschafts-, Konflikt- und Terrorformen zu durchbrechen und Verantwortlichkeiten zu benennen. Zehn Jahre nach dem Massaker des sogenannten IS an Hundertausenden Êzîd*innen in Shingal müssen unsere Gedanken bei den Opfern und der Umsetzung ihrer Menschenrechte sein. Es ist nicht vorbei: Viele leben bis heute als Binnengeflüchtete heimatlos in irakischen, syrischen oder türkischen Camps. Tausende Frauen und Mädchen wurden vom IS systematisch vergewaltigt, verkauft, verschleppt. Über 2.600 Menschen sind noch in Gefangenschaft und werden schmerzlich vermisst. Wir geben sie nicht auf und fordern die Aufnahme von Verfolgten, die sich retten konnten.

Fünf Monate nach dem Massaker der Hamas auf ein israelisches Festivalgelände und andere israelische Grenzorte bleibt die absichtsvoll dokumentierte Gewalt betäubend und unsagbar brutal – die gezielte Aggression und Vernichtungsorgie gegen Frauenkörper, die mediale Zurschaustellung von Frauenhass und Hass auf Juden*Jüdinnen. Dieser Massenfemizid durch die Hamas muss benannt werden, eine Relativierung der Verbrechen vom 7. Oktober 2023 darf es gerade aus feministischer Sicht nicht geben. Die Geiseln müssen befreit werden. Das Sterben und Vertreiben von palästinensischen Zivilist*innen muss beendet werden.


Die Kundgebung mit anschließender Demo des F_Streik-Bündnisses zum feministischen Kampftag beginnt morgen ab 16 Uhr auf dem Bremer Marktplatz. Für weitere Aktionen rund um den 8. März in Bremen und Bremerhaven lohnt es, auf www.weltfrauentag-bremen.de sowie fstreikbremen.noblogs.org nachzuschauen.