Wir gedenken Anna R. – Femizide stoppen!

Heute um 17:30 Uhr gedenkt das Netzwerk „Stoppt Femi(ni)zide Bremen“ auf dem Kennedy-Platz der getöteten Anna R. Sie ist am Sonntag, 19. Oktober, im Bremer Stadtteil Obervieland mit einem Messer erstochen worden, mutmaßlich von ihrem Ex-Partner.

Sofia Leonidakis, Vorsitzende der Fraktion Die Linke, kommentiert: „Wir trauern um Anna R.. Erneut wurde eine Frau mutmaßlich deshalb getötet, weil sie Frau ist, und ihren Kindern damit die Mutter genommen. Ihren Hinterbliebenen sprechen wir unser größtes Mitgefühl aus. Femizide sind keine tragischen Einzelfälle oder ‚Familiendramen‘, sondern Ausdruck patriarchaler Verhältnisse und struktureller Gewalt gegen Frauen*. Jeden Tag versucht ein Mann in Deutschland seine (Ex-)Partnerin zu töten – und jeden dritten Tag gelingt es. Die größte Gefahr für eine Frau lauert im eigenen Umfeld, die gefährlichste Situation für Frauen sind Trennungen. Noch immer gehören männliches Besitzdenken gegenüber Frauen, toxische Männlichkeit und gekränkte Männeregos, übergriffiges Verhalten sowie psychische und physische Gewalt zum Alltag für Frauen in Deutschland. Das äußert sich durch misogynen Hass im Netz über strukturelle Diskriminierung bis hin zu brutaler Gewalt, von der Frauen aller Gesellschaftsschichten betroffen sind.“  

Aktuell sind patriarchale Rollenbilder und Chauvinismus auf dem Vormarsch, warnt Leonidakis: „Rechte Influencer verbreiten Frauenfeindlichkeit im Netz, sogenannte ‚Pickup-Artists‘ schulen Männer in der Manipulation von Frauen* und der Bundeskanzler instrumentalisiert das Thema der Sicherheit von Frauen, um migrationsfeindliche Sündenbockpolitik zu betreiben. All das schafft den Boden für mehr statt weniger Frauenfeindlichkeit und patriarchaler Gewalt – und lenkt ab von den eigentlichen Ursachen. Was wir brauchen, ist das Gegenteil: Die entschiedene Förderung von Gleichberechtigung und die Ausfinanzierung von ausreichenden, einfach zugänglichen Hilfsangeboten für Frauen, die von Gewalt betroffen sind.“

Tim Sültenfuß, rechts- und wissenschaftspolitischer Sprecher, ergänzt: „Ein wichtiger Baustein eines Gesamtkonzepts gegen patriarchale Gewalt muss auch die Überarbeitung der juristischen Ausbildung sein. Sowohl Gewalt gegen Frauen als auch Sexualdelikte allgemein sind bislang weder Pflichtthemen im Studium noch als Wahlthema fest im Angebot der Universitäten. Deswegen bekommen insbesondere Opfer von patriarchaler Gewalt oft nicht die Hilfe in unserem Rechtssystem, die sie benötigen. Diese mangelhafte Ausbildung schlägt sich auch immer wieder in Urteilen nieder, bei denen der Geschlechteraspekt von Gewalt überhaupt nicht berücksichtigt wird. Wir werden uns als Fraktion dafür einsetzen, dass diese Themen in Bremen in der Juraausbildung fest verankert und auch bundesweit als Pflichtthema im juristischen Staatsexamen aufgenommen werden.“