Weiterhin keine Konsequenzen gegen „Homo-Heilungen" und „Reorientierungstherapien" – Doris Achelwilm fragt nach aktuellen Erkenntnissen und Maßnahmen der Bundesregierung und fordert mehr Engagement

Die Bundesregierung will im Umgang mit sogenannten „Homo-Heilungen" und „Reorientierungstherapien" nach wie vor keine gesetzlichen Regelungen treffen. Das geht aus einer Kleinen Anfrage der Bremer Bundestagsabgeordneten Doris Achelwilm hervor. Auch für „Konversions- bzw. Reparationstherapien" an Kindern und Jugendlichen soll es demnach in Deutschland, anders als in Malta oder Kalifornien, weiterhin kein Verbot geben. Nach Ansicht der Bundesregierung seien die Eltern gefordert, im Sinne des Kindeswohls zu entscheiden. Im Zweifel müssten Familiengerichte beurteilen, ob im konkreten Einzelfall eine Kindeswohlgefährdung vorliegt. Erst kürzlich hatte unter anderem der Auftritt eines „Homo-Heilers" im Rahmen eines Seminars der in Sachsen-Anhalt ansässigen „Gesellschaft für Lebensorientierung e.V." (Leo e.V.) für Schlagzeilen gesorgt. 

Doris Achelwilm, queerpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE., kommentiert: „Seit Jahren ist bekannt, dass in Deutschland noch immer Konversionspsychotherapien und Seminare angeboten werden, die Homosexualität oder Transidentität als pathologisch voraussetzen und beschämenderweise ‚kurieren' wollen. Auch die CDU dürfte hierzu Kenntnisse haben, weshalb die grob zusammengefasste Antwort auf konkrete Nachfragen etwa zur Vernetzung von Organisationen nicht zufriedenstellend ist. Insgesamt erweckt die Bundesregierung mit ihrer Beantwortung meiner Anfrage den Anschein, die Existenz von ‚Homo-Heilungsangeboten' nicht besonders ernst zu nehmen. Sie macht keinerlei Anstalten, genauer festzustellen, wer hinter diesen fehlgeleiteten Angeboten steckt und in welchem Ausmaß sie beworben werden und stattfinden. Es braucht dringend mehr Willen, Homosexuellen- und Transfeindlichkeit nicht nur mit Worten zu verurteilen, sondern auch wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um übergriffige Intoleranz, Verstöße gegen Selbstbestimmungsrechte und verschiedenste Formen der Diskriminierung erfolgreich zu bekämpfen."

Doris Achelwilm weiter: „Wir erleben gerade eine Zunahme von Homo- und Transfeindlichkeit, von wachsendem Druck gegen Vielfalt und Minderheiten und von systematischen Versuchen, vermeintliche Sicherheiten und Altbekanntes gegen eine offene, plurale Gesellschaft in Stellung zu bringen. Umso dringender müsste die Bundesregierung jetzt eindeutige Zeichen setzen. Aber von einem Bundesprogramm zur Bekämpfung von Homo- oder Transphobie, wie es in der letzten Legislaturperiode angegangen wurde, ist im Koalitionsvertrag nicht ansatzweise die Rede. Und auch mit seinem Gesetzentwurf zur Umsetzung des Urteils zur ‚Dritten Option' verharrt Seehofer in alten Denkmustern und setzt definitiv keine Maßstäbe, Geschlechtervielfalt gesetzlich zu stützen und von Diskriminierungen jeder Art fernzuhalten. Das bleibt weit unter den Möglichkeiten, die das Bundesverfassungsgerichtsurteil eröffnet, was politisch äußerst bedauerlich und für viele Menschen die Fortsetzung konkreter Alltagsbelastungen ist."

Achelwilm abschließend: „Morgen wird der Bundesrat auf Initiative der Bundesländer Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Rheinland-Pfalz und Thüringen (erneut) darüber entscheiden, ob er einen Gesetzentwurf in den Bundestag einbringt, um das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 3 im Grundgesetz um den Bezugspunkt der sexuellen und geschlechtlichen Identität erweitert wird. Diese Klärung wäre ein überfälliges, deutliches Bekenntnis zur Anerkennung und zum Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt."

Die Antworten der Bundesregierung auf meine Anfrage finden Sie hier.