Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung ist in weiten Teilen perfide und einfallslos!

Union und SPD haben heute den Koalitionsvertrag für die künftige Bundesregierung vorgestellt.

Sofia Leonidakis, Fraktionsvorsitzende der Linken in der Bremischen Bürgerschaft: „Die künftige Koalition kündigt massive Angriffe auf soziale Grundrechte und Menschenrechte an. Mit der Wiedereinführung von Totalsanktionen in der Grundsicherung drehen sie ein kurzes Intermezzo zurück, in dem Erwerbslose und Aufstocker*innen nicht primär gegängelt, sondern auch gefördert werden sollten. Wohnen als soziale Kernfrage unserer Zeit wird unzureichend angegangen: Obwohl die Mietpreisbremse nicht verhindern konnte, dass die Mieten weiter explodieren, wird sie weiter eingeschränkt statt der nötigen Ausweitung.

Migrationspolitisch geht die Koalition zurück in die dunklen1990er Jahre: Familien werden getrennt und Ankommen verhindert, die letzten sicheren Fluchtwege geschlossen und die Festung hochgezogen. Nicht einmal vor Abschiebungen nach Syrien, wo Islamisten Massaker verüben, oder nach Afghanistan, wo eine Geschlechter-Apartheid herrscht, schrecken die Koalitionär*innen zurück. Die Strategie, der AfD den Wind aus den Segeln zu nehmen, geht ganz offensichtlich nicht auf, sondern macht sie stärker – kein Wunder, wenn ihre Positionen derart normalisiert werden. Diese Retro-Koalition macht Politik für auf dem Rücken der Schwächsten. Diesen schäbigen Angriffen auf Menschenrechte und Sozialabbau werden wir dort, wo es Gestaltungsspielräume auf Landesebene gibt, entgegentreten.“

Christoph Spehr, Landesvorsitzender der Linken in Bremen und Bremerhaven: „Sätze mit Zahlen und Maßnahmen wie ‚Der Gewerbesteuer-Mindesthebesatz wird von 200 auf 280 Prozent erhöht‘ sind im Koalitionsvertrag die absolute Ausnahme. In den mit Spannung erwarteten Bereichen Wirtschaft und Finanzen wimmelt es von Kommissionen und Beteuerungen, konkrete Vorhaben bleiben vage. Stattdessen werden die Weichen gestellt, Länderinteressen über die Bundesregierung durchzusetzen. Dass die CSU sich das Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt sichert, ist keine gute Nachricht für Bremen, ebenso wie die Besetzung des Wirtschaftsministeriums und des Gesundheitsministeriums durch die CDU. Auch wenn die Pläne zu Steuersenkungen stark abgespeckt wurden, bleibt das Prinzip: Eine Schwächung der Ländereinnahmen durch die Senkung der Körperschaftsteuer von 15 auf 10 Prozent kann sich Bremen nicht leisten.“

Doris Achelwilm, Bremer Bundestagsabgeordnete: „Die Zeichen der Zeit sind gesetzt: Geld wird zu Abermilliarden investiert, aber nicht in sozialen Zusammenhalt. Das Auseinanderdriften der Gesellschaft wird so noch weiter an Fahrt aufnehmen. Als Linke ist es unsere Aufgabe, für Umverteilung, starke Löhne, Armutsbekämpfung, eine solidarische Gesellschaft einzustehen. Es wird ein harter Kampf gegen komplett anders gelagerte Prioritäten. GroKo-Ambitionen für Krisenbenachteiligte bleiben alarmierende Leerstellen. Die auf Eis gelegte Kindergrundsicherung erfährt keinen Neustart, es geht zurück zum kleinteiligen Aufstocken von Einzelleistungen um eine Handvoll Euro, obwohl die Kinderarmut in Deutschland dramatisch wächst.

Ob ein Tariftreuegesetz wirklich kommt, steht in den Sternen: Es war auch Teil des letzten Koalitionsvertrags und wurde nicht durchgesetzt. Überhaupt atmet der neue Koalitionsvertrag den Geist, als würde Christian Lindner noch mit am Kabinettstisch tischen: mehr Druck gegen Erwerbslose und Sozialstaat, wenig Verständnis für die Situation von Alleinerziehenden, keine Steuergerechtigkeit etwa durch Einführung einer überfälligen Milliardärsteuer, Schweigen zur angedachten Reform der Schuldenbremse. Ein Koalitionsvertrag sollte kein Dokument der Spaltung sein, sondern Hoffnung machen. Wir werden als Linke unser Möglichstes dafür tun, die echten Probleme dieser Zeit anzugehen und an der Seite der Menschen zu stehen."